«Wir haben uns fast fremdgeschämt»

«Wir haben uns fast fremdgeschämt»

Bei einer Abendveranstaltung in Zürich, die unter dem Banner „Digital Economic Forum“ stattfand, kam es zu einem Zwischenfall, der in Fachkreisen und unter Veranstaltungsbesuchern für Irritation sorgte. Dabei stand Bundesrat Albert Rösti im Mittelpunkt von Unstimmigkeiten, die sich während einer moderierten Gesprächsrunde mit Microsoft-Schweiz-Chefin Catrin Hinkel ereigneten.

Das Digital Economic Forum ist eine der bedeutendsten Plattformen der Schweiz für den Austausch zwischen Politik, Wirtschaft und Technologiebranche. Rund 1.400 Personen nahmen laut Veranstalter an dem zweitägigen Anlass teil. Erwartet wurde ein hochkarätiger Dialog über die Digitalisierung in der Schweiz. Dass im Rahmen dieser Diskussion insbesondere der Auftritt von Bundesrat Rösti für Verblüffung sorgte, wurde erst im Nachgang zur Veranstaltung öffentlich diskutiert.

Wie mehrere Besucher übereinstimmend berichteten, sei es während des Bühnengesprächs zwischen Catrin Hinkel und Albert Rösti zu einem schwer nachvollziehbaren, fast peinlichen Moment gekommen. Die Teilnehmer hatten einen inhaltlich tiefgehenden Austausch über digitale Strategien, Infrastruktur und technologische Innovationen erwartet. Stattdessen habe Rösti sehr allgemein über digitale Infrastruktur gesprochen und kaum konkrete Aussagen zu bekannten Herausforderungen oder strategischen Perspektiven gemacht.

Besonders auffällig war laut verschiedenen Berichten die Diskrepanz zwischen den Erwartungen des Publikums und den tatsächlichen Äußerungen des Bundesrats. Während Catrin Hinkel konkrete Beispiele und Anwendungsfelder für digitale Technologien in der Schweiz nannte, seien Rösti die Argumente ausgegangen. Dies habe zur Folge gehabt, dass die Unterhaltung weitgehend einseitig verlief – die Microsoft-Schweiz-Chefin führte aus, während Rösti kaum Impulse setzte.

Ein Zuhörer fasste die Situation zusammen mit den Worten: „Wir haben uns fast fremdgeschämt.“ Mehrere Personen beschrieben die Situation als sinnbildlich für die aktuellen digitalen Herausforderungen in der Politik. Es gehe nicht nur um technologische Rückstände, sondern auch um das fehlende Verständnis zentraler Akteure für die Dynamik des digitalen Wandels.

Das Bundesamt für Kommunikation konnte gegenüber Medienanfragen nach dem Auftritt keine weiterführenden Angaben zu den Inhalten der Intervention von Bundesrat Rösti machen. Ebenso lehnte das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) zunächst eine Stellungnahme ab.

In Fachkreisen wurde anschließend diskutiert, ob der Auftritt Rösti schadet oder lediglich eine Momentaufnahme sei. Kritiker betonten insbesondere, dass Rösti als Vorsteher des UVEK – einem Schlüsseldepartement für die digitale Transformation – besonders gefragt wäre, strategische Orientierung und fachkundige Aussagen zu liefern. Stattdessen sei das Auftreten beim Forum ein Indiz dafür, dass entscheidende Diskussionen zur digitalen Zukunft nicht mit ausreichender Tiefe geführt würden.

Ein weiterer Kritikpunkt betraf die Vorbereitung des öffentlichen Auftritts. Es wurde gemutmaßt, dass es an einer intensiven Auseinandersetzung mit den zentralen Herausforderungen der Digitalisierung mangele – sowohl auf individueller als auch auf departementaler Ebene. In verschiedenen Kommentaren wurde moniert, dass der Auftritt gegenüber einem fachkundigen Publikum auch als mangelndes Interesse interpretiert werden könne.

Gleichzeitig verteidigten vereinzelte Teilnehmende den Auftritt Rösti und hoben hervor, dass die politische Kommunikation auch anderen Prinzipien als technischer Detailtiefe folgen müsse. Politische Verantwortungsträger würden oft andere Akzente setzen – etwa in der Regulierung, Steuerung oder Vermittlung – und könnten nicht bei jedem Thema technologische Expertise im Detail bieten. Dies dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine kohärente Strategie für die digitale Transformation der Schweiz notwendig sei.

Das Digital Economic Forum selbst äußerte sich nach der Veranstaltung nicht explizit zu den Abläufen auf der Bühne. Im offiziellen Programm wurde das Gespräch zwischen Hinkel und Rösti als zentraler Bestandteil der Konferenz angekündigt – auch, um Kooperationen zwischen Staat und Privatwirtschaft zu adressieren.

Ob der Auftritt des Bundesrats längerfristige Auswirkungen hat, bleibt unklar. In Kommentaren nach dem Anlass forderten verschiedene Vertreter der Wirtschaft und Zivilgesellschaft, dass insbesondere politische Verantwortungsträger künftig besser auf öffentliche Dialoge mit der Tech-Branche vorbereitet sein sollten. Ein offener, kritischer und substanzreicher Austausch sei unerlässlich, um das Vertrauen in politische Steuerungskompetenz im digitalen Zeitalter zu gewährleisten.

Der Vorfall vom Digital Economic Forum verdeutlicht einmal mehr die Herausforderung, Politik und Technologieentwicklung in einen konstruktiven Dialog zu bringen. Ob dieser Dialog künftig auf höherem Niveau geführt werden kann, hängt nicht zuletzt von der Bereitschaft aller Beteiligten ab, sich intensiv mit der Materie auseinanderzusetzen. Für Bundesrat Rösti dürfte der Auftritt eine Lehre gewesen sein – zumindest, wenn man den Reaktionen des Publikums glaubt.

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