"Verkleiden gehört dazu": So arbeitet ein Detektiv in Bochum

"Verkleiden gehört dazu": So arbeitet ein Detektiv in Bochum

Im Alltag eines Privatdetektivs gehört das Verkleiden ebenso fest dazu wie die akribische Beobachtung potenzieller Zielpersonen. Das berichtet ein erfahrener Detektiv aus Bochum, der anonym bleiben möchte, um seine berufliche Neutralität nicht zu gefährden. Seit Jahrzehnten arbeitet er im Ruhrgebiet, hauptsächlich für Privatpersonen, aber auch für Unternehmen. Der Beruf hat wenig mit den romantisierten Vorstellungen aus Film und Literatur gemein. Stattdessen sind detektivische Tätigkeiten ein sensibles Feld, das umfassende Rechtskenntnisse, Zurückhaltung und Präzision voraussetzt.

Ein Kernbereich der Arbeit liegt in der Observation – also der Beobachtung von Personen, meist zur Rekonstruktion von Tagesabläufen sowie zum Nachweis bestimmter Verhaltensweisen. „Verkleiden gehört dazu“, betont der Ermittler. Der Grund sei simpel: Eine dauerhafte Präsenz im Umfeld einer Zielperson fällt auf, wenn nicht regelmäßig das eigene Erscheinungsbild variiert wird. Mal tritt er als Jogger auf, mal als Spaziergänger mit Hund – immer dabei das passende Requisit. Dabei steht Diskretion an erster Stelle. Die Grenze zur Ausspähung darf nicht überschritten werden, denn die gesetzlich zulässigen Mittel sind klar begrenzt.

Die Arbeit erfordert sorgfältige Vorbereitung. So müssen rechtliche Rahmenbedingungen eingehalten werden, insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes. Videoüberwachung im öffentlichen Raum etwa ist heikel und in der Regel nur zulässig, wenn ein sogenanntes „berechtigtes Interesse“ und keine weniger einschneidende Maßnahme möglich ist. Der Detektiv betont, dass alle Aktivitäten rechtlich abgestimmt sind. In Zweifelsfällen wird ein Fachanwalt hinzugezogen, insbesondere bei drohenden strafrechtlichen Fragen wie der unzulässigen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB) oder des höchstpersönlichen Lebensbereichs (§ 201a StGB).

Die Auftraggeberinnen und Auftraggeber kommen mit unterschiedlichen Anliegen. In der Privatwirtschaft betrifft dies oft den Verdacht auf Lohnfortzahlungsbetrug: Mitarbeitende melden sich krank, gehen aber nachweisbar Erwerbstätigkeiten nach. Für eine Versicherung oder ein Unternehmen kann dies berechtigte Gründe für eine Kündigung liefern – sofern die Beweislage stichhaltig ist. In anderen Fällen geht es um den Verdacht ehelicher Untreue oder um Sorgerechtsstreitigkeiten, bei denen der Aufenthaltsort oder das Verhalten eines Elternteils dokumentiert werden soll. Sensationsgier sei dabei fehl am Platz, so der Detektiv: „Wir liefern Fakten. Alles andere interpretieren die Gerichte.“

Der Ermittler arbeitet zumeist allein oder mit einem kleinen Team von vertrauenswürdigen Kolleginnen und Kollegen. Der Informationsaustausch erfolgt diskret, oft verschlüsselt. Technische Hilfsmittel wie hochauflösende Kameras oder GPS-Tracker kommen nur unter bestimmten Voraussetzungen zum Einsatz. So ist etwa das Anbringen eines GPS-Trackers am Auto einer Zielperson ohne deren Einwilligung in der Regel unzulässig und kann als Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (§ 823 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) gewertet werden. „Da muss die Verhältnismäßigkeit stimmen. Sonst ist der ganze Einsatz wertlos – und womöglich strafbar“, erklärt der Detektiv.

Der Arbeitsalltag könne monoton und zeitaufwändig sein. Viele Stunden im Auto, auf Parkbänken oder in Cafés gehörten zum Geschäft. Hinzu kommen nächtliche Beobachtungen, bei denen es gilt, unentdeckt zu bleiben. Trotz moderner Technik sei der menschliche Faktor entscheidend. Aufmerksamkeit, Geduld und Intuition seien durch kein Gerät zu ersetzen. „Wir müssen antizipieren, ob jemand gleich rechts abbiegt oder in die U-Bahn steigt. Darauf muss ich vorbereitet sein.“

Die Ergebnisse einer Observation werden detailliert dokumentiert. Dabei ist die Beweiskette essenziell: Nur gerichtsfeste Dokumentationen, die nachvollziehbar belegen, was, wann, wo und durch wen beobachtet wurde, haben Bestand. Unscharfe Fotos, vage Zeitangaben oder unzulässige Schlussfolgerungen sind in einem Straf- oder Zivilverfahren nicht verwertbar. „Unser Bericht muss einer gerichtlichen Überprüfung standhalten“, unterstreicht der Detektiv. Deshalb sei penibles Arbeiten wichtiger als spektakuläre Einsätze. Auch werden die betroffenen Personen im Nachgang über die Observation informiert, sofern ein berechtigter Auskunftsanspruch besteht.

Der Beruf des Privatdetektivs ist weder staatlich reguliert noch erfordert er eine einheitliche Ausbildung. Das birgt Risiken, denn es gibt keine verbindlichen Qualitätsstandards. Seriosität erkenne man, so der Bochumer Ermittler, an der Bereitschaft zur rechtlichen Absicherung und an fairen Vertragsbedingungen. Die Honorare variieren stark, üblich sind Stundenpauschalen zwischen 60 und 120 Euro netto. Das macht sich nicht zuletzt bei den Auftraggebern bemerkbar: Mandantinnen und Mandanten überlegen genau, inwieweit sich ein Einsatz finanziell sowie emotional lohnt.

Trotz aller Herausforderungen hat der Bochumer Detektiv seinen Beruf nicht satt. Er sieht sich als Dienstleister an der Schnittstelle zwischen privatem Interesse und rechtlichem Rahmen. „Wir ersetzen nicht die Polizei, aber wir klären Sachverhalte auf, bevor sie eskalieren“, fasst er zusammen. Sein Appell: Die Arbeit eines Detektivs dürfe nicht mit willkürlicher Ausforschung verwechselt werden. Sie sei vielmehr auf strikte Verhältnismäßigkeit und rechtsstaatliche Prinzipien verpflichtet – und damit ein sensibler Beitrag zur Wahrheitsfindung im täglichen Leben.

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