Untreuevorwurf gegen Oberbürgermeister wegen Auftragsvergabe | Öffentlicher Dienst

Untreuevorwurf gegen Oberbürgermeister wegen Auftragsvergabe | Öffentlicher Dienst

Gegen den Oberbürgermeister von Schorndorf im Rems-Murr-Kreis, Matthias Klopfer, steht ein Untreuevorwurf im Raum. Hintergrund ist die Vergabe eines städtischen Auftrags an ein Unternehmen, bei dem ein enger Vertrauter des Oberbürgermeisters beteiligt ist. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart prüft derzeit, ob ein Anfangsverdacht strafrechtlich relevanter Untreue vorliegt. Noch ist unklar, ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird.

Laut bisherigen Informationen geht es um ein Projekt zur Digitalisierung der Verwaltung, für das die Stadt Schorndorf ein privates Beratungsunternehmen beauftragte. Dieses soll in geschäftlicher Verbindung mit einem langjährigen Bekannten Klofers stehen. Der Vorwurf: Die Vergabe des Auftrags könnte unter Umgehung gesetzlicher Vergabevorschriften erfolgt sein, was eine unzulässige Begünstigung darstellen würde. Im Kern steht die Frage, ob der Oberbürgermeister seine Pflicht zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel verletzt hat.

Die Kommunalaufsicht beim Regierungspräsidium Stuttgart ist über den Fall informiert. Aufgrund der Brisanz und der möglichen haushaltsrechtlichen Dimension befasst sich auch der Gemeinderat von Schorndorf mit der Angelegenheit. In einer Stellungnahme gegenüber lokalen Medien betonte Klopfer, den Auftrag "nach bestem Wissen und Gewissen" vergeben zu haben. Es habe keine persönliche Bereicherung gegeben und er sei überzeugt, dass die Stadt vom Auftrag profitiere.

Rechtlicher Hintergrund

Der Straftatbestand der Untreue gemäß § 266 Strafgesetzbuch (StGB) erfasst unter anderem die vorsätzliche Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht. Amtsträger unterliegen hierbei besonderen Pflichten im Umgang mit öffentlichen Geldern. Eine strafbare Untreue kann bereits dann vorliegen, wenn ein Beamter oder kommunaler Entscheidungsträger bei der Vergabe öffentlicher Aufträge rechtswidrig handelt und dadurch der Kommune ein Vermögensnachteil entsteht.

Ein zentrales rechtliches Kriterium in diesem Zusammenhang ist die Einhaltung des Vergaberechts. Öffentliche Stellen dürfen Aufträge grundsätzlich nicht willkürlich vergeben, sondern müssen in einem transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren geeignete Anbieter auswählen. Verstöße gegen diese Vorschriften können nicht nur verwaltungs- oder haushaltsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, sondern in schwerwiegenden Fällen auch strafrechtlich relevant sein.

Nach Einschätzung von Juristen ist die Hürde für eine strafbare Untreue allerdings hoch. Es muss nachgewiesen werden, dass der Amtsträger seine Pflichten bewusst und mit Schädigungsvorsatz verletzt hat. Zudem darf kein Ermessensspielraum vorgelegen haben, den der Verantwortliche sinnvoll hätte nutzen können. In der kommunalen Praxis ist daher eine genaue juristische Bewertung des Einzelfalls notwendig.

Stadt Schorndorf prüft interne Abläufe

Die Stadtverwaltung kündigte an, die internen Kontrollmechanismen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu überprüfen. Ziel sei es, mögliche Schwachstellen zu identifizieren und die Transparenz zu erhöhen. Ein externer Wirtschaftsprüfer soll die Hintergründe der umstrittenen Auftragserteilung untersuchen. Der Gemeinderat begrüßte diesen Schritt mehrheitlich. Einige Stadträte fordern dennoch eine intensivere politische Aufarbeitung und vollständige Offenlegung aller relevanten Unterlagen.

In der öffentlichen Debatte wurde insbesondere kritisiert, dass der Gemeinderat vor der Vergabe nicht umfassend informiert worden sei. Auch sei nicht klar, ob Alternativangebote eingeholt wurden oder ob das betroffene Unternehmen besondere Qualifikationen aufweist, die die Beauftragung rechtfertigen würden. Kritiker werfen dem Oberbürgermeister mangelnde Sensibilität im Umgang mit potenziellen Interessenkonflikten vor.

Staatsanwaltschaft prüft Anfangsverdacht

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart erklärte auf Anfrage, dass aktuell ein Prüfvorgang laufe, um festzustellen, ob ein Anfangsverdacht für ein Ermittlungsverfahren vorliegt. Dabei werden unter anderem die vertraglichen Grundlagen der Auftragsvergabe, die Auswahlkriterien sowie mögliche persönliche Verbindungen analysiert. Ein Ermittlungsverfahren wird nur eingeleitet, wenn sich aus der Vorprüfung hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung ergeben.

Ein Sprecher der Behörde betonte, dass allein der bestehende Kontakt zwischen dem Amtsträger und einem Geschäftspartner keinen Straftatbestand begründet. Entscheidend sei vielmehr, ob objektiv gegen geltendes Recht verstoßen und dadurch ein finanzieller Schaden verursacht wurde. Erst danach könne über strafrechtliche Konsequenzen entschieden werden.

Mögliche politische Konsequenzen

Unabhängig vom strafrechtlichen Ausgang des Verfahrens könnte der Vorgang politische Folgen für den Oberbürgermeister haben. Klopfer ist seit 2011 im Amt und gehört der SPD an. Er galt bislang als integrer Verwaltungschef mit regionalem Einfluss. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, wäre auch das Vertrauen innerhalb der eigenen Fraktion gefährdet. Eine Rücktrittsforderung liegt aktuell noch nicht vor, ist aber im Falle eines Ermittlungsverfahrens nicht ausgeschlossen.

Der Gemeinderat von Schorndorf hat bislang zurückhaltend reagiert, betont aber die Bedeutung einer lückenlosen Aufklärung. In der nächsten Sitzung sollen weitere Schritte beschlossen werden. Dabei geht es auch um die Frage, wie künftig mehr Transparenz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge erreicht werden kann.

Die weitere Entwicklung hängt insbesondere von den Ergebnissen der staatsanwaltschaftlichen Prüfung sowie der externen Untersuchung ab. Bis dahin gilt für den Oberbürgermeister die Unschuldsvermutung.

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