Untreuevorwurf gegen Oberbürgermeister wegen Auftragsvergabe | Öffentlicher Dienst
Gegen einen Oberbürgermeister im öffentlichen Dienst wurde ein Untreuevorwurf im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Aufträge erhoben. Die Ermittlungen richten sich demnach auf den Verdacht, dass bei der Auftragsvergabe an ein Planungsbüro Angebots- und Vergabevorschriften systematisch umgangen wurden. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Fall wirft erneut ein Schlaglicht auf mögliche Defizite bei der öffentlichen Vergabepraxis und auf die Verantwortung kommunaler Amtsträger.
Im Zentrum der Vorwürfe steht eine Auftragsvergabe an ein Planungsbüro, das Städtetagungen und -projekte in größerem Umfang betreut haben soll. Nach bisherigen Erkenntnissen sollen im Zeitraum von 2018 bis 2022 Planungsleistungen in Millionenhöhe an das Büro vergeben worden sein, ohne dass eine ordnungsgemäße Ausschreibung gemäß den Vorgaben des Vergaberechts erfolgte. Dabei könnte es zu einem Verstoß gegen die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gekommen sein (§ 7 BHO, § 34 Abs. 1 GO).
Der Oberbürgermeister soll nach bisherigen Einschätzungen eine entscheidende Rolle bei der Beauftragung der externen Planungsfirma gespielt haben. Die Kritik fokussiert sich nicht primär auf persönliche Bereicherung, sondern auf die Umgehung zwingender Verfahrensvorschriften, wodurch dem städtischen Haushalt ein finanzieller Nachteil entstanden sein könnte. Untreue nach § 266 Strafgesetzbuch (StGB) liegt dann vor, wenn der Amtsträger seine Vermögensbetreuungspflichten verletzt und dadurch das Vermögen der öffentlichen Hand schädigt.
Die Kommune hatte offenbar über Jahre hinweg Planungsaufträge oberhalb der geltenden EU-Schwellenwerte freihändig vergeben, ohne ein formales Vergabeverfahren durchzuführen. Dies stellt nicht nur einen möglichen Verstoß gegen das Vergaberecht, sondern auch eine Missachtung von Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsätzen im öffentlichen Dienst dar. Die Kommunalaufsicht war laut Medienberichten nicht rechtzeitig eingebunden worden. Auch ein internes Kontrollsystem zur Einhaltung der Compliance-Richtlinien war nach derzeitigen Angaben entweder unzureichend oder wurde nicht wirksam eingesetzt.
Für den Oberbürgermeister gilt der Grundsatz der Unschuldsvermutung. Der Stadtchef bestreitet bislang die erhobenen Vorwürfe, verweist auf die Notwendigkeit zügiger Projektumsetzungen und betont, dass keine persönlichen Vorteile aus der Zusammenarbeit mit dem Planungsbüro erwachsen seien. Die Staatsanwaltschaft lässt derzeit durch externe Prüfer und Rechnungshöfe untersuchen, ob der entstandene Schaden relevant genug ist, um strafrechtliches Verhalten zu bejahen. Maßgeblich wird sein, ob der Tatbestand der Untreue objektiv erfüllt wurde – also ob eine Pflichtverletzung vorliegt, die kausal zu einem Vermögensnachteil geführt hat.
Ein zivilrechtlicher Streit um mögliche Schadenersatzansprüche steht ebenfalls im Raum. Sollte sich der Anfangsverdacht im weiteren Verlauf bestätigen, drohen nicht nur disziplinarrechtliche Konsequenzen für den Amtsinhaber, sondern auch finanzielle Rückforderungen seitens der Kommune. Zuständige Gremien, darunter der Stadtrat und der Rechnungsprüfungsausschuss, haben Sondersitzungen einberufen, um eine erste Einschätzung über die Tragweite der möglichen Pflichtverletzungen abzugeben.
Fachjuristen weisen darauf hin, dass Vergabeverstöße zunehmend in den Fokus der Staatsanwaltschaften geraten, insbesondere wenn systematische Regelabweichungen vorliegen und Wiederholungstatbestände nicht ausgeschlossen werden können. Grundsätzlich haben kommunale Entscheidungsträger bei der Auslegung der vergaberechtlichen Spielräume zwar Ermessensspielraum, sind jedoch verpflichtet, dabei die haushaltsrechtlichen und vergaberechtlichen Regularien strikt einzuhalten.
Der vorliegende Fall wird auch deshalb aufmerksam verfolgt, weil zunehmend Kritik an intransparenten Vergabeverfahren in Kommunalverwaltungen geübt wird. Der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren mehrfach Anpassungen im Vergaberecht vorgenommen, um mehr Transparenz und Kontrolle sicherzustellen. In der Praxis zeigt sich jedoch immer wieder, dass Verwaltungsabläufe und Entscheidungswege nicht ausreichend dokumentiert oder nachvollziehbar sind, was eine rechtssichere Kontrolle erschwert.
Solange das Ermittlungsverfahren anhängig ist, bleibt offen, ob es zu einer Anklage oder gar zu einem Gerichtsverfahren kommen wird. Sollte sich eine schuldhafte Untreue im strafrechtlichen Sinne nachweisen lassen, könnten neben einer Geld- oder Freiheitsstrafe auch beamtenrechtliche Maßnahmen wie Entfernung aus dem Dienst oder Ruhestandsversagung folgen. Die politische Dimension des Falls ist ebenfalls nicht zu unterschätzen: Das Vertrauen in die Integrität der kommunalen Verwaltung könnte erheblichen Schaden nehmen.
Die betroffene Stadtverwaltung hat angekündigt, mit den Ermittlungsbehörden uneingeschränkt zu kooperieren. Gleichzeitig wurde eine externe Revision beauftragt, um die internen Vorgänge unabhängig zu durchleuchten und mögliche strukturelle Versäumnisse aufzudecken. Bis zum Vorliegen weiterer prüffähiger Ergebnisse bleibt die rechtliche Bewertung derzeit offen.