Schadensersatz wegen rechtswidriger Mitarbeiterüberwachung

Schadensersatz wegen rechtswidriger Mitarbeiterüberwachung

Ein Unternehmen wurde vom Arbeitsgericht Düsseldorf zu einer Schadensersatzzahlung in Höhe von 10.000 Euro an eine frühere Mitarbeiterin verurteilt. Grund war die rechtswidrige Überwachung der Arbeitnehmerin während ihrer Beschäftigung. Das Gericht stellte fest, dass die Videoüberwachung des Arbeitsplatzes ohne hinreichenden Anlass erfolgt sei und damit gegen datenschutzrechtliche Vorgaben sowie das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen verstoßen habe (Az. 11 Ca 2555/23).

Hintergrund des Falls

Die Klägerin war mehrere Jahre in dem beklagten Unternehmen tätig. Nach internen Auseinandersetzungen kündigte sie ihre Anstellung. Im Zuge der Auseinandersetzungen kam ans Licht, dass die Arbeitgeberin über einen längeren Zeitraum hinweg eine Videoüberwachung in Bereichen installiert hatte, in denen Mitarbeitende regelmäßig tätig waren. Diese Überwachung war für das Personal nicht klar gekennzeichnet, und es gab keine Information darüber, wie lange die Aufzeichnungen gespeichert wurden oder zu welchem Zweck sie erfolgten.

Die Betroffene erhob daraufhin Klage und berief sich insbesondere auf eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte sowie auf einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die Überwachung habe zu einer erheblichen psychischen Belastung geführt und das Vertrauensverhältnis zur Arbeitgeberin zerstört.

Bewertung durch das Arbeitsgericht

Das Gericht sah in der Maßnahme eine unzulässige Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art. 6 Abs. 1 DSGVO. Eine Überwachung von Beschäftigten am Arbeitsplatz könne nur unter engen Voraussetzungen zulässig sein, so das Gericht. Grundsätzlich müsse ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers bestehen und zudem eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen. Eine heimliche oder flächendeckende Überwachung sei dabei nur in Ausnahmefällen erlaubt, etwa bei einem konkreten Verdacht auf eine schwere Pflichtverletzung.

Im konkreten Fall fehlte es nach Ansicht des Gerichts bereits an einem solchen Anlass. Laut Aussage der Beklagten sei die Kamera installiert worden, um allgemein „Sicherheitsaspekten“ gerecht zu werden. Hinweise auf konkrete Vorfälle, etwa Diebstähle oder Sachbeschädigungen, lagen jedoch nicht vor.

Die Arbeitgeberin habe es zudem versäumt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ordnungsgemäß über die Überwachung zu informieren. Auch eine datenschutzrechtliche Interessenabwägung sei nicht dokumentiert worden. Insgesamt stellte das Gericht daher einen schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin fest.

Bemessung des immateriellen Schadens

Im Rahmen der Schadensersatzfestsetzung berief sich das Arbeitsgericht auf Art. 82 Abs. 1 DSGVO, wonach jede Person bei einem durch einen Verstoß gegen die DSGVO verursachten Schaden Anspruch auf Ersatz hat – sowohl für materielle als auch für immaterielle Schäden.

Die Höhe des immateriellen Schadensersatzes wurde im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu datenschutzrechtlichen Schadenersatzansprüchen bestimmt. Ausschlaggebend für die Bemessung sei, dass die schwerwiegende und anlasslose Videoüberwachung über einen längeren Zeitraum erfolgt sei und dabei das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin besonders verletzt wurde.

Das Gericht hob hervor, dass neben dem Grad des Verschuldens der Arbeitgeberin, auch die Dauer der Überwachung und die mangelnde Transparenz zu berücksichtigen seien. Die zugesprochene Summe von 10.000 Euro sei daher angemessen.

Juristische Einordnung

Das Urteil reiht sich in eine zunehmende Zahl arbeitsgerichtlicher Entscheidungen ein, die sich mit der Reichweite datenschutzrechtlicher Vorgaben im Beschäftigungsverhältnis auseinandersetzen. Es macht deutlich, dass Arbeitgeber sorgfältig prüfen müssen, ob und in welchem Umfang eine Überwachung am Arbeitsplatz rechtlich zulässig ist.

Gemäß § 26 BDSG ist die Verarbeitung von Beschäftigtendaten erlaubt, wenn sie für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. Darüber hinaus kann eine Verarbeitung auf Grundlage einer freiwilligen Einwilligung oder eines berechtigten Interesses erfolgen, wobei letzteres regelmäßig mit den Grundrechten der Beschäftigten abgewogen werden muss.

Im Hinblick auf Videoüberwachungen bedeutet dies, dass eine Aufnahme nur dann erlaubt ist, wenn sie zur Wahrung berechtigter Interessen zwingend erforderlich ist und keine milderen Mittel zur Verfügung stehen. Außerdem müssen Beschäftigte transparent über Zweck, Dauer und Umfang der Maßnahme informiert werden. Eine verdeckte Aufzeichnung ist grundsätzlich nur dann zulässig, wenn ein konkreter Verdacht auf strafbares Verhalten vorliegt und keine andere Möglichkeit zur Aufklärung besteht.

Relevanz für die betriebliche Praxis

Das Urteil dürfte für zahlreiche Unternehmen in Deutschland von Bedeutung sein, insbesondere solche, die Überwachungstechnologien am Arbeitsplatz einsetzen oder planen, dies zu tun. Es unterstreicht die Notwendigkeit, datenschutzrechtliche Bestimmungen strikt einzuhalten und Maßnahmen sorgfältig zu dokumentieren. Eine rechtlich saubere Gestaltung von Überwachungsmaßnahmen erfordert dabei nicht nur eine technisch ordnungsgemäße Umsetzung, sondern auch eine umfassende rechtliche Prüfung im Vorfeld – idealerweise durch Datenschutzbeauftragte oder externe Rechtsberatung.

Arbeitgeber sollten regelmäßige Schulungen zur DSGVO und zum Beschäftigtendatenschutz in Betracht ziehen, um Risiken zu minimieren. Weiterhin ist eine offene Kommunikation mit der Belegschaft über etwaige Maßnahmen essenziell, um das Vertrauen nicht zu gefährden.

Ausblick

Es bleibt abzuwarten, ob das Urteil rechtskräftig wird oder ob die Beklagte in Berufung geht. Unabhängig davon ist davon auszugehen, dass die Entscheidung Signalwirkung entfalten dürfte. Sie verdeutlicht die Wirksamkeit des immateriellen Schadensersatzes nach Art. 82 DSGVO und dürfte zukünftige arbeitsgerichtliche Verfahren beeinflussen. Unternehmen sind gut beraten, innerbetriebliche Datenschutzverstöße nicht nur aus technischer Perspektive zu betrachten, sondern stets auch im Hinblick auf mögliche zivilrechtliche und arbeitsrechtliche Konsequenzen.

Subscribe to ShadowWire

Don’t miss out on the latest issues. Sign up now to get access to the library of members-only issues.
jamie@example.com
Subscribe