Private Ermittler in Unternehmen: Die Branche steckt tief in der Krise

Private Ermittler in Unternehmen: Die Branche steckt tief in der Krise

Die wirtschaftliche Lage und rechtliche Unsicherheiten setzen der Branche der Unternehmensdetektive in Deutschland zunehmend zu. Private Ermittler, die traditionell von Konzernen, Anwaltskanzleien oder Versicherungen beauftragt werden, um etwa interne Betrugsfälle aufzudecken oder Mitarbeiterüberwachungen durchzuführen, stehen vor erheblichen strukturellen und finanziellen Herausforderungen. Dies berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung unter Berufung auf Brancheninsider und Expertenaussagen.

Ein wesentlicher Grund für die angespannte Lage sind die zunehmenden rechtlichen Einschränkungen, die sich insbesondere aus dem Datenschutzrecht ergeben. Seit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Jahr 2018 unterliegt die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten strengen Auflagen. Für Detekteien bedeutet das: Ohne eine rechtlich einwandfreie Auftragserteilung und präzise Zweckbestimmung dürfen keinerlei Überwachungsmaßnahmen durchgeführt werden. In der Praxis erschwert dies viele klassische Ermittlungsansätze oder macht sie rechtlich riskant.

Auch aktuelle Urteile hoher Gerichte wirken sich negativ auf die Praxis vieler Detekteien aus. So hat etwa das Bundesarbeitsgericht jüngst betont, dass heimliche Überwachungen durch Privatermittler nur in Ausnahmefällen zulässig sind – konkret etwa dann, wenn ein „begründeter Verdacht einer schweren Pflichtverletzung“ vorliegt. Dies setzt mitunter eine Vorprüfung durch den Auftraggeber voraus, welcher wiederum besondere datenschutzrechtliche Vorkehrungen treffen muss. Unternehmen sehen sich dabei mit dem Risiko konfrontiert, rechtswidrig erhobene Erkenntnisse in arbeitsrechtlichen Verfahren nicht nutzen zu können.

Die Folge ist ein spürbarer Rückgang der Nachfrage nach Ermittlungsdiensten im Unternehmensbereich. Zahlreiche größere Detekteien berichten von schrumpfenden Aufträgen, insbesondere im klassischen Feld der Mitarbeiterüberwachung. Hinzu kommt ein Imageproblem der gesamten Branche: In Teilen der Öffentlichkeit gelten private Ermittler als rechtsfreier Arm der Wirtschaft, auch wenn die meisten Detekteien betonen, in enger Absprache mit ihren Auftraggebern und unter Einhaltung der geltenden Gesetze zu agieren.

Hinzu kommt ein strukturelles Problem: Die Branche ist kleinteilig und wenig reguliert. Es gibt in Deutschland keine spezifische Berufsausbildung oder Zulassungspflicht für Privatermittler, was die qualitative Verlässlichkeit erschwert und auch juristische Unsicherheiten nach sich zieht. Zwar existieren Branchenverbände, die bestimmte Standards setzen wollen, jedoch handelt es sich hierbei um freiwillige Selbstverpflichtungen ohne rechtlich verbindlichen Charakter.

Einige Detekteien versuchen, sich durch Spezialisierung aus der Krise zu befreien. Ermittlungen im Bereich Compliance, Cyberforensik oder der Aufklärung von Wirtschaftskriminalität gelten als wachstumsstarke Felder. Hier geht es weniger um klassische Observationen als vielmehr um die Auswertung digitaler Spuren, Analyse komplexer Finanzflüsse oder die präventive Beratung von Unternehmen in Risikofragen. Diese Aufgaben verlangen jedoch ein anderes Kompetenzprofil – und damit auch andere Qualifikationen und Investitionen in Technik und Fachpersonal.

Gleichzeitig hält der Kostendruck in der Branche an. Da viele Kunden aus Kostengründen lieber auf interne Kontrollmechanismen oder IT-gestützte Systeme zurückgreifen, geraten kleinere Detekteien zunehmend unter Preisdruck. Der Wettbewerb verschärft sich – nicht nur unter den Detekteien selbst, sondern auch durch neu auftretende Anbieter im Bereich Compliance und Risikomanagement, die mit juristischer und technischer Expertise gezielt Unternehmensverträge akquirieren.

Branchenexperten fordern deshalb eine Reform der Berufsordnung für Privatermittler. Durch eine gesetzliche Regulierung könnten verbindliche Anforderungen an Ausbildung, Berufsausübung und Haftung geschaffen werden. Das hätte laut Vertretern der Branche mehrere Vorteile: Es würde die Rechtssicherheit für Auftraggeber erhöhen, das Berufsbild professionalisieren und zugleich das Image der Ermittler aufwerten. Bislang ist eine solche Reform jedoch politisch nicht absehbar.

Darüber hinaus besteht bei Unternehmen eine wachsende Zurückhaltung, heikle interne Angelegenheiten durch externe Dritte untersuchen zu lassen. Nicht selten wird befürchtet, dass solche Maßnahmen öffentlich bekannt werden könnten – mit entsprechenden Reputationsrisiken. Dies führt dazu, dass potenzielle Aufträge gar nicht erst vergeben oder ausschließlich hausintern bearbeitet werden. Für Detekteien bedeutet das: Sie erhalten seltener Zugang zu komplexen Sachverhalten und müssen sich mit Aufträgen geringerer Tiefe begnügen.

Während einige große Detekteien weiterhin über feste Mandatsverhältnisse mit Konzernen verfügen, haben es mittelständische und kleine Anbieter deutlich schwerer, sich auf dem Markt zu behaupten. Die steigenden Anforderungen an Dokumentation, Risikoanalyse und rechtliche Absicherung bedeuten für viele eine Herausforderung, die ohne spezialisierte Juristen kaum zu stemmen ist. In der Konsequenz können kleinere Ermittlungsbüros oft nicht mehr wirtschaftlich arbeiten.

Laut Einschätzung mehrerer Branchenrechnungshöfe und Dienstleistungen steht ein Strukturwandel bevor. Privatermittler, die sich allein auf klassische Observationsmethoden stützen, gelten als Auslaufmodell. Zukunft hat nur, wer neben juristischen Grundkenntnissen auch Expertise in IT-Sicherheit, Wirtschaftskriminalität und interner Compliance mitbringt. Kooperationen mit Anwaltskanzleien, Wirtschaftskanzleien oder IT-Dienstleistern könnten hier eine Brücke darstellen – viele Detekteien arbeiten bereits in solchen Netzwerken.

Fest steht: Die Zukunft der privaten Unternehmensdetektive in Deutschland hängt stark davon ab, ob es gelingt, ihr Berufsbild neu zu definieren – juristisch sauber, technologiegestützt und mit klarem Mehrwert für Unternehmen. Der Weg dorthin ist jedoch lang und voller rechtlicher sowie wirtschaftlicher Hürden. Eine nachhaltige Erholung der Branche ist derzeit nicht in Sicht.

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