Private Ermittler in Unternehmen: Die Branche steckt tief in der Krise
Die Branche der privatwirtschaftlichen Ermittler, insbesondere im unternehmerischen Kontext, erlebt derzeit eine tiefgreifende Krise. Wie aus aktuellen Branchenbeobachtungen hervorgeht, ist die Nachfrage nach betriebsinternen Detektivleistungen stark zurückgegangen. Dies betrifft vor allem die Bereiche Wirtschaftskriminalität, Mitarbeiterüberwachung sowie interne Aufklärungsarbeit im Rahmen von Compliance-Verstößen. Die Ursachen für diesen Einbruch sind vielfältig – von gestiegenem Datenschutzbewusstsein über rechtliche Einschränkungen bis hin zu einem generellen Vertrauensverlust in private Ermittlungsdienste.
In den vergangenen Jahren spielten private Ermittler eine zunehmend wichtigere Rolle bei der Aufklärung von Verdachtsmomenten innerhalb von Unternehmen. Insbesondere bei der Aufdeckung von Spesenbetrug, Geheimnisverrat oder Verstößen gegen Arbeitspflichten setzten viele Firmen auf diskrete Recherche statt auf offizielle Maßnahmen wie Strafanzeigen oder arbeitsrechtliche Verfahren. Doch dieses Vertrauen scheint zu schwinden. Immer mehr Unternehmen verzichten mittlerweile gänzlich auf externe Ermittlungen und greifen lieber intern zu Compliance-Abteilungen oder beauftragen spezialisierte Kanzleien.
Ein maßgeblicher Faktor für die aktuelle Krise in der Branche ist die zunehmend restriktive Auslegung datenschutzrechtlicher Regelungen, allen voran die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Seit Inkrafttreten der DSGVO im Mai 2018 gelten für die Erhebung, Speicherung und Verwendung personenbezogener Daten strengere Bedingungen. Die rechtssichere Durchführung von Überwachungsmaßnahmen – etwa durch Videoaufzeichnung oder digitale Überwachung von Arbeitsmitteln – ist seither kaum noch möglich, ohne massive juristische Risiken einzugehen.
Gleichzeitig haben mehrere wegweisende Gerichtsurteile dazu beigetragen, die Grenzen privat initiierter Ermittlungen weiter zu verengen. So stellte das Bundesarbeitsgericht in mehreren Entscheidungen klar, dass Überwachungsmaßnahmen von nicht ausreichend dokumentierten Verdachtsmomenten nicht gedeckt sind. Für Detekteien bedeutet dies, dass sie ohne ein belastbares Anfangsverdachtsmoment kaum mehr rechtssicher tätig werden können. Im Klartext: Pauschale Recherchen zur Gewinnung potenzieller Hinweise sind rechtlich unzulässig.
Auch ökonomisch steht die Branche unter Druck. Viele mittelständische Ermittlungsunternehmen kämpfen mit zurückgehenden Auftragszahlen und sehen sich gezwungen, entweder das Geschäftsfeld zu wechseln oder vollständig aus dem Markt auszusteigen. Gleichzeitig sinkt die Zahlungsbereitschaft vieler Auftraggeber, wenn es um Leistungen ohne gesicherten juristischen Mehrwert geht. Dem steht ein hoher Aufwand gegenüber: Recherchearbeit, Techniknutzung und Personal kosten, ohne dass ein garantierter Erfolg möglich ist.
Gleichzeitig findet in Unternehmen ein Bewusstseinswandel statt. Während in der Vergangenheit Diskretion und schnelle interne Lösung von Konfliktfällen oft Priorität hatten, spielt heute eine klare Rechtskonformität zunehmend eine übergeordnete Rolle. Personalabteilungen und Compliance-Officer achten vermehrt darauf, dass auch interne Untersuchungen den rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechen. In vielen Fällen entscheiden sich Unternehmen im Zweifel lieber gegen eine Ermittlung, als sich einem potenziellen Verstoß gegen Datenschutz- oder Arbeitsrecht auszusetzen.
Auch die zunehmende Sensibilisierung der Beschäftigten trägt zum Rückgang privater Ermittlungsarbeit bei. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind sich ihrer Rechte bewusster denn je, insbesondere in Bezug auf Datenschutz am Arbeitsplatz. Betriebsräte und Gewerkschaften achten darauf, dass betriebliche Maßnahmen zur Überwachung oder Leistungsbewertung klar geregelt und ggf. mitbestimmungspflichtig sind. In diesem Umfeld wird der Einsatz von Detektiven, die ohne Wissen der Betroffenen Informationen sammeln, zunehmend problematisch.
Verschärfend kommt hinzu, dass die Eigenregulierung innerhalb der Branche bislang kaum greift. Zwar bestehen mit Mitgliedschaften in Verbänden wie dem Bund Internationaler Detektive oder dem Bundesverband Deutscher Detektive gewisse Standards, doch eine einheitliche Zertifizierung oder behördliche Lizenzierung besteht in Deutschland nicht. Dies erschwert es potenziellen Auftraggebern, die Seriosität und Professionalität eines Anbieters zu beurteilen. Die Folge: Ein pauschales Misstrauen gegenüber der gesamten Branche, das auch seriöse Dienstleister trifft.
Ein möglicher Ausweg aus der aktuellen Lage könnte in einer stärkeren Professionalisierung und Fokussierung liegen. Einige Ermittlungsunternehmen entwickeln derzeit spezialisierte Angebote, etwa auf Cyberforensik, digitale Spurensicherung oder präventive Compliance-Beratung. Diese Dienste lassen sich unter klaren rechtlichen Rahmenbedingungen anbieten und bergen weniger Konfliktpotenzial als klassische Mitarbeiterüberwachung. Auch Kooperationen mit Rechtsanwaltskanzleien oder internen Revisionseinheiten gelten als zukunftsträchtiges Modell.
Langfristig bleibt jedoch offen, ob die Branche der privaten Unternehmensdetektive in ihrer bisherigen Form überleben wird. Die rechtlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich derart gewandelt, dass das „klassische Detektivmodell“ erheblich an Bedeutung verliert. Was bleibt, ist die Notwendigkeit für Unternehmen, auf Missstände schnell und rechtssicher zu reagieren – jedoch zunehmend mit Mitteln, die stärker in die innerbetriebliche Struktur integriert sind.
Die Aufgaben, die einst von externen Ermittlern übernommen wurden, verlagern sich also vielerorts zur internen Rechts- oder Compliance-Abteilung. Für die Detektivbranche bedeutet das nicht nur wirtschaftliche Einbußen, sondern einen grundsätzlichen Identitätswandel. Nur wer sich an neue ethische, juristische und technische Standards anpasst, wird künftig noch eine Rolle im unternehmerischen Sicherheitsgeflecht spielen können.