Pilotprojekt in Frankfurt: KI-Überwachung soll Bahnhofsviertel sicherer machen
Frankfurt am Main startet ein neues Pilotprojekt zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit im Bahnhofsviertel. Kern des Vorhabens ist der Einsatz Künstlicher Intelligenz zur Analyse von Videodaten in Echtzeit. Ziel des Projekts ist es, kriminelle Aktivitäten schneller zu erkennen und entsprechende Maßnahmen frühzeitig einzuleiten. Die Initiative ist Teil einer umfassenderen Strategie, die Sicherheit in einem der am stärksten frequentierten und gleichzeitig anfälligsten Stadtteile Frankfurts zu erhöhen.
Das Vorhaben ist ein gemeinsames Projekt der Stadt Frankfurt, des Landes Hessen, der Deutschen Bahn und der Bundespolizei. Die technische Umsetzung übernimmt das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut (EMI), das bereits über Erfahrungen in der datenschutzkonformen Entwicklung von KI-Anwendungen verfügt. Die Pilotphase ist zunächst auf ein Jahr angelegt, kann jedoch bei erfolgreicher Bewertung verlängert oder ausgeweitet werden.
Im Fokus der Überwachung steht das Bahnhofsviertel rund um den Frankfurter Hauptbahnhof, das sowohl Verkehrsknotenpunkt als auch sozialer Brennpunkt ist. In der Vergangenheit kam es hier regelmäßig zu Drogendelikten, Gewaltverbrechen und anderen sicherheitsrelevanten Vorfällen. Die Einführung der neuen Technologie soll präventiv wirken und den Behörden eine schnellere Reaktionsfähigkeit ermöglichen.
Die zum Einsatz kommenden Systeme analysieren vorhandene Videostreams, beispielsweise von Überwachungskameras, auf bestimmte Muster oder Bewegungsmuster, die auf kriminelle Aktivitäten hinweisen können. Dabei werden keine biometrischen Daten wie Gesichtserkennung verwendet, um datenschutzrechtlichen Vorgaben zu entsprechen. Vielmehr basiert das System auf der Analyse von abstrakten Bewegungs- und Verhaltensmustern.
Ein wichtiger Aspekt des Projekts ist die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die Betreiber betonen daher, dass es sich um ein rein anonymisiertes Verfahren handelt, bei dem keine personenbezogenen Daten gespeichert oder verarbeitet werden. Die Systeme erkennen lediglich potenziell verdächtige Situationen, woraufhin eine menschliche Bewertung durch Sicherheitskräfte oder Polizisten erfolgt.
Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) bezeichnete das Projekt als "wichtigen Baustein für die Sicherheit im urbanen Raum". Auch Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) sieht in der KI-gestützten Auswertung eine Chance, die öffentliche Ordnung zu verbessern, ohne die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger zu verletzen. Beide betonen die Rolle der künstlichen Intelligenz als Assistenztechnologie – nicht als Ersatz für menschliche Entscheidungen.
Bislang existieren in Deutschland nur wenige Projekte dieser Art. Im internationalen Vergleich sind Systeme zur KI-gestützten Videoüberwachung beispielsweise in Großbritannien oder auch in China deutlich weiter verbreitet. In Deutschland stoßen derartige Vorhaben jedoch regelmäßig auf kritische Stimmen, insbesondere bezogen auf Datenschutz und Bürgerrechte.
Datenschützer und zivilgesellschaftliche Organisationen fordern klare, überprüfbare Regeln und eine konsequente Kontrolle der eingesetzten Technologien. Auch die Unabhängigkeit der Datenschutzaufsicht müsse gewährleistet sein. In Reaktion auf solche Bedenken wurde ein begleitendes Gremium eingerichtet, dem Vertreterinnen und Vertreter von Datenschutzeinrichtungen, der Wissenschaft sowie der Zivilgesellschaft angehören. Dieses Gremium soll das Projekt kontinuierlich bewerten und gegebenenfalls Empfehlungen zur Anpassung aussprechen.
Ein Bestandteil des Tests wird sein, inwiefern die Technologie tatsächlich in der Lage ist, relevante Situationen zuverlässig zu identifizieren. Fehlalarme und unberechtigte Eingriffe sollen nach Möglichkeit vermieden werden. Die Entwickler des Systems setzen deshalb auf adaptive Lernmechanismen, durch die die genaue Erkennung von Gefahrensituationen im Laufe der Zeit verbessert wird. Gleichzeitig betonen sie, dass alle Detektionen grundsätzlich eine nachgelagerte menschliche Bewertung erfordern.
Der Frankfurter Hauptbahnhof zählt zu den verkehrsreichsten Bahnhöfen Europas. Pro Tag frequentieren ihn rund 500.000 Menschen. Die hier seit Jahren bestehenden Sicherheitsprobleme wie Drogenkonsum im öffentlichen Raum oder gewalttätige Auseinandersetzungen stellen eine besondere Herausforderung für die Polizei und kommunale Ordnungsdienste dar. Der Einsatz modernster Technologien soll helfen, diesen Herausforderungen effektiver zu begegnen.
Am Ende der einjährigen Testphase ist eine ausführliche Evaluation geplant. Dabei soll erhoben werden, ob die technologischen Hilfsmittel einen messbaren Beitrag zur Sicherheit leisten konnten. Auch die Akzeptanz in der Bevölkerung wird bewertet. Sollten sich positive Effekte zeigen und keine schwerwiegenden datenschutzrechtlichen Bedenken bestehen, ist eine Ausweitung auf weitere gefährdete Bereiche im Stadtgebiet denkbar.
Die Verantwortlichen kündigten an, während der gesamten Laufzeit einen transparenten Kommunikationsprozess mit der Öffentlichkeit zu pflegen. Anwohnende sowie Interessengruppen sollen regelmäßig über den Stand des Projekts informiert werden. In diesem Zusammenhang sind auch Informationsveranstaltungen und eine öffentlich einsehbare Dokumentation vorgesehen.
Mit dem Pilotprojekt betritt Frankfurt sicherheitspolitisches Neuland. Es bleibt abzuwarten, ob sich Künstliche Intelligenz in der Praxis als sinnvolle Ergänzung herkömmlicher Sicherheitsmaßnahmen erweist – und zugleich den hohen Anforderungen an Datenschutz und Grundrechte gerecht werden kann.