Nichtraucherschutz: Neusser Wirte prüfen rechtliche Schritte nach Detektiv-Einsatz

Nichtraucherschutz: Neusser Wirte prüfen rechtliche Schritte nach Detektiv-Einsatz

Im nordrhein-westfälischen Neuss sorgt ein aktueller Fall rund um die Einhaltung des Nichtraucherschutzgesetzes für Unruhe in der lokalen Gastronomieszene. Mehrere Gastwirte sehen sich Vorwürfen ausgesetzt, gegen das bestehende Rauchverbot in Gaststätten verstoßen zu haben. Im Mittelpunkt der Debatte steht ein von der Stadt beauftragter Detektiv, der im Auftrag des Ordnungsamts vermeintliche Verstöße dokumentiert haben soll. Die betroffenen Wirte prüfen nun juristische Schritte gegen die Maßnahmen, die sie für unverhältnismäßig und potenziell unzulässig halten.

Auslöser des Konflikts war eine verstärkte Kontrolle durch das städtische Ordnungsamt im Rahmen des Nichtraucherschutzgesetzes, das in Nordrhein-Westfalen seit Jahren strikt gilt. Das Gesetz untersagt das Rauchen in sämtlichen öffentlich zugänglichen Gebäuden, einschließlich Gaststätten, Restaurants und Bars. Ziel ist der Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern vor Passivrauchen. Insbesondere unter dem Eindruck steigender Beschwerden von Anwohnerinnen und Anwohnern sowie Gästen hatte die Stadt Neuss die Überprüfung der Einhaltung des Gesetzes intensiviert.

Zur Überraschung vieler Betreiber wurde dabei eine Detektei eingeschaltet, deren Ermittler als Gäste getarnt mögliche Verstöße in den Lokalen dokumentierten. Die betroffenen Wirte wurden im Nachgang mit Bußgeldern konfrontiert. Der Einsatz der Detektive sorgte jedoch für deutliche Kritik seitens der lokalen Gastronomie. Nach ihrer Einschätzung handelt es sich bei den Beobachtungen um sogenannte verdeckte Ermittlungen, die rechtlich nicht ohne weiteres zulässig seien. Sie sehen ihre Rechte als Unternehmer verletzt und stellen die Verhältnismäßigkeit des Vorgehens grundsätzlich in Frage.

Laut Angaben eines Vertreters des Wirtestammtisches Neuss könnten einige der betroffenen Gastwirte rechtliche Schritte einleiten. „Wir prüfen aktuell, ob der Einsatz der Detektive mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den persönlichen Rechten der Betriebsinhaber vereinbar ist“, so ein Sprecher. Konkret geht es um die Fragen, ob eine derartige Kontrolle ohne vorherigen Verdacht rechtmäßig war und ob bei der Beweiserhebung datenschutzrechtliche Bestimmungen gewahrt wurden.

Die Stadt Neuss verteidigt ihr Vorgehen. Aus Sicht des Ordnungsamts ist der Einsatz einer Detektei eine zulässige Maßnahme zur Durchsetzung rechtlicher Vorgaben, wenn andere Mittel nicht zum Ziel führen. Man habe zunächst auf Aufklärung und offene Kontrollen gesetzt, bevor man zu dem Mittel des verdeckten Ermittlers gegriffen habe. Nach Angabe der Behörde gab es wiederholt Hinweise auf Verstöße gegen das Rauchverbot, die auf andere Weise nicht zweifelsfrei hätten belegt werden können.

Rechtsanwälte, die von einzelnen Wirten konsultiert wurden, sehen die Situation differenziert. Zwar gilt das Nichtraucherschutzgesetz eindeutig und bietet der Behörde ein Durchsetzungsinstrumentarium, doch müsse jede Maßnahme verhältnismäßig und auf einer klaren Rechtsgrundlage beruhen. Der Einsatz privater Ermittler sei unter bestimmten Bedingungen zulässig – etwa wenn ein konkreter Anfangsverdacht bestehe –, stelle jedoch einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre und unternehmerische Freiheit dar. Entscheidend sei, ob derartige verdeckte Aktion im konkreten Fall erforderlich und angemessen waren.

Die Debatte wirft generell erneut Fragen zur Durchsetzung des Nichtraucherschutzes in Nordrhein-Westfalen auf. Während große Teile der Bevölkerung ein Rauchverbot in der Gastronomie begrüßen, sehen sich viele Betreiber von Kneipen und Bars unter erheblichem Druck. Insbesondere inhabergeführte Betriebe mit festem Stammpublikum beklagen Einbußen und sehen sich einer Kontrolle ausgesetzt, die sie als unverhältnismäßig empfinden. Der Einsatz externer Ermittler bedeutet für sie eine weitere Eskalation im kommunalen Vollzug.

Demgegenüber verweisen Befürworter des Vorgehens auf das Ziel des Gesetzes: den konsequenten Schutz der Nichtraucher. Aus ihrer Sicht wird der gesundheitliche Schutz der Gäste und Beschäftigten nur dann erreicht, wenn das Gesetz auch lückenlos kontrolliert und durchgesetzt wird. Die Einschaltung professioneller Detektive erscheine dann gerechtfertigt, wenn offene Maßnahmen nicht ausreichen oder gezielt umgangen werden.

Der Fall aus Neuss könnte daher überregionale Bedeutung erlangen – nicht nur rechtlich, sondern auch politisch. Sollten die betroffenen Gastronomen tatsächlich juristische Schritte einleiten, könnte ein mögliches Verfahren klären, welche rechtlichen Grenzen beim Vollzug des Nichtraucherschutzes beachtet werden müssen. Auch für andere Kommunen wäre eine gerichtliche Entscheidung richtungsweisend, ob und unter welchen Bedingungen Detekteien bei der Kontrolle von Gaststätten eingesetzt werden dürfen.

Bis zu einer endgültigen Klärung bleibt die Situation angespannt. Die betroffenen Wirte fordern unterdessen ein Gespräch mit der Stadtverwaltung, um über die weitere Vorgehensweise zu beraten. Sie wollen nicht nur die Rechtmäßigkeit des konkreten Vorgehens prüfen lassen, sondern streben auch eine einvernehmliche Lösung an, die sowohl dem gesetzlichen Schutzauftrag als auch den berechtigten Interessen der Gastronomiebetriebe Rechnung trägt.

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