Lars Windhorst, Hertha BSC und die Detektei aus Israel

Lars Windhorst, Hertha BSC und die Detektei aus Israel

Die Geschäftsbeziehung zwischen dem Investor Lars Windhorst und dem Fußballverein Hertha BSC gerät erneut in den Fokus öffentlicher Diskussionen. Im Zentrum steht dabei der Einsatz einer privaten israelischen Detektei durch Windhorsts Firma Tennor, mit dem Ziel, den damaligen Präsidenten Werner Gegenbauer aus dem Amt zu drängen. Die Enthüllung der verdeckten Operation erfolgte bereits im vergangenen Jahr durch Recherchen des Magazins Die Zeit, wurde nun jedoch durch nachträgliche Äußerungen Windhorsts nochmals aufgegriffen.

Windhorst hatte finanziell erheblich in Hertha BSC investiert und die Anteile seiner Firma auf knapp zwei Drittel des Vereinskapitals erhöht. Parallel zu diesen Investitionen verschlechterte sich das Verhältnis zwischen Windhorst und Gegenbauer zusehends. Der Investor warf dem damaligen Präsidenten wiederholt zögerliches Handeln und mangelnden wirtschaftlichen Sachverstand vor. Trotz interner Differenzen wurde der Vorgang erst dann brisant, als bekannt wurde, dass Windhorsts Umfeld mit der Anwaltskanzlei Shibolet aus Tel Aviv sowie der Ermittlungsagentur Shibumi zusammenarbeitete, um mutmaßlich belastendes Material gegen Gegenbauer zu sammeln.

Nach Angaben von Die Zeit beinhaltete die Operation unter anderem Observierungen und den Versuch, Mitglieder des damaligen Präsidiums zu beeinflussen. Es wurde gezielt auf die Absetzung Gegenbauers hingearbeitet. Windhorst selbst bestritt zunächst, von dieser Operation gewusst zu haben, räumte aber später ein, dass seine Unternehmensstruktur möglicherweise implizit den Auftrag vermittelte. In einer aktuellen Stellungnahme gegenüber der Jüdischen Allgemeinen sagte Windhorst: „Ich habe nicht direkt beauftragt, gegen Hertha oder Gegenbauer zu arbeiten.“ Er betonte jedoch, dass er Gerechtigkeit und einen Wandel bei Hertha habe herbeiführen wollen.

Die Rolle der Detektei Shibumi, die sich auf nachrichtendienstliche Methoden stützt und sich mit hochprofessionellen Operationen im Bereich der Wirtschaftsspionage einen Namen gemacht hat, wirft insbesondere im sportpolitischen Kontext Fragen auf. Der Einsatz einer derartigen Einrichtung zur Einflussnahme in einem eingetragenen Sportverein steht in einem rechtlichen Graubereich. Zwar ist der Einsatz privater Ermittlungsdienste nicht per se unzulässig, doch hängt die Rechtmäßigkeit entscheidend von den Mitteln und Zielen der Operation ab. Sollten Persönlichkeitsrechte verletzt oder strafbare Handlungen begangen worden sein – etwa durch heimliche Tonaufnahmen, Ausspähung oder gezielte Desinformation – könnte dies strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball Liga (DFL) äußerten sich bislang nicht spezifisch zu diesem Fall, könnten jedoch bei Vorliegen entsprechender Hinweise auf vereinsrechtliche oder ethische Verstöße Ermittlungen aufnehmen. Ähnliche Vorfälle in der Vergangenheit, bei denen externe Akteure versucht haben, die Vereinsführung zu beeinflussen, wurden sowohl sportrechtlich als auch juristisch aufgearbeitet.

Auffällig in der Entwicklung bleibt, dass der eigentliche Zweck von Windhorsts Engagement bei Hertha – die wirtschaftliche Stabilisierung und sportliche Aufwertung des Vereins – durch die Auseinandersetzungen mit der Vereinsführung zunehmend in den Hintergrund rückte. Die entstandene Vertrauenskrise führte letztlich dazu, dass sich beide Seiten im Jahr 2022 voneinander trennten. Windhorst bot seine Anteile zum Verkauf an, nachdem die Beziehung zu Hertha BSC als unwiderruflich beschädigt galt. Darüber hinaus kündigte Hertha rechtliche Schritte gegen Windhorst an, insbesondere im Hinblick auf den Einsatz der Detektei und die mutmaßlichen Verstöße gegen interne Statuten.

Aus juristischer Sicht bleibt entscheidend, ob beweisbare Handlungen vorliegen, die über bloße interne Differenzen hinausgehen. Die Beweisführung dürfte sich jedoch schwierig gestalten, insbesondere da viele Details der Operation über Mittelsmänner und mehrstufige Dienstleister abgewickelt worden sein könnten. Datenschutz- und Persönlichkeitsrechtsverstöße sind jedoch im Falle von hinreichenden Belegen auch rückwirkend justiziabel.

Die öffentliche Diskussion über den Fall bringt auch grundsätzliche Fragen zur Rolle von Investoren im Sport zutage. Der Versuch, über finanzielle Macht Einfluss auf die Zusammensetzung von Vereinsgremien auszuüben, trifft auf ein gewachsenes Unbehagen gegenüber der zunehmenden Kommerzialisierung des Fußballs in Deutschland. Der Fall Windhorst trägt dazu bei, diese Debatte weiter zu schärfen und rückt erneut die Anforderungen an Governance-Strukturen in Profi-Clubs ins Rampenlicht.

Ob eine strafrechtliche Aufarbeitung folgen wird, bleibt abzuwarten. Auch zivilrechtlich könnte sich eine Vielzahl von Anspruchsgrundlagen ergeben – etwa im Bereich der unerlaubten Handlung oder des Verstoßes gegen Datenschutzgesetze. Dass der Fall Hertha und Windhorst über Jahre hinweg für Unruhe sorgte, zeigt, wie fragil das Verhältnis zwischen wirtschaftlichen Interessen und Vereinsdemokratie ist. Für die Zukunft des Profifußballs stellt sich umso mehr die Frage, wie transparente, rechtskonforme Mechanismen zur Kontrolle und Integration von Investoren gestaltet werden können.

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