Lars Windhorst, Hertha BSC und die Detektei aus Israel

Lars Windhorst, Hertha BSC und die Detektei aus Israel

Die Verwicklungen rund um den Unternehmer Lars Windhorst, den Fußballverein Hertha BSC und eine israelische Detektei werfen weiterhin Fragen auf. Im Zentrum steht der Vorwurf, Windhorst habe eine private Sicherheitsfirma mit nachrichtendienstähnlichen Operationen gegen den ehemaligen Vereinspräsidenten Werner Gegenbauer beauftragt. Der Fall zieht seit geraumer Zeit politische und juristische Kreise – in Deutschland wie in Israel.

Nach Informationen der „Jewish Chronicle“ und weiteren aktuellen Recherchen der „Jüdischen Allgemeinen“ soll Windhorst über seine Holding Sapinda (inzwischen Tennor Group) das israelische Unternehmen „Shibumi Strategy Limited“ mit einer Operation betraut haben, deren Ziel es war, Hintergrundinformationen über Werner Gegenbauer zu sammeln. Die Zentrale von Shibumi befindet sich in Israel, während die operative Tätigkeit offenbar im europäischen Raum stattfand.

Die mutmaßliche Absicht: Gegenbauer öffentlich zu kompromittieren mit dem Ziel, ihn aus dem Präsidium von Hertha BSC zu drängen. Windhorst, der zwischen 2019 und 2022 mit über 370 Millionen Euro beim Hauptstadtclub als Investor einstieg, hatte mehrfach erklärt, mit der Vereinsführung nicht zufrieden zu sein. Das Verhältnis zwischen ihm und Gegenbauer galt als zerrüttet.

Besondere Brisanz erhält die Angelegenheit durch die Einschaltung ehemaliger Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes Mossad, die laut Medienberichten für Shibumi tätig gewesen sein sollen. Die Detektei bestreitet offiziell eine rechtswidrige Tätigkeit, Windhorst hingegen verweist auf ein angebliches Fehlverhalten von Shibumi. Nach seiner Darstellung sei der Inhalt der Operation ohne seine Zustimmung eskaliert. In einem öffentlichen Statement sprach er davon, dass davon abgewichen worden sei, was ursprünglich vereinbart wurde – was genau der Auftrag war, ließ er bislang offen.

Die juristische Aufarbeitung gestaltet sich indessen schwierig. In Berlin hatte Windhorst im vergangenen Jahr Strafanzeige gegen unbekannt erstattet, unter anderem wegen Betruges und Verleumdung im Zusammenhang mit der Weitergabe vertraulicher Geschäftsinformationen aus seinem Umfeld. Auch Shibumi geriet im Zuge dessen auf das Radar deutscher Strafverfolgungsbehörden. Es ist unklar, ob diese Anzeige in direktem Zusammenhang mit der Detektei steht oder ob Windhorst damit Schadensbegrenzung betreiben wollte.

Zudem plant nun der aktuelle Präsident von Hertha BSC, Kay Bernstein, eine eigene juristische Bewertung des Vorfalls. Nach internen Informationen aus Vereinskreisen soll ein externer Gutachter klären, ob dem Verein durch die angebliche Geheimoperation Schaden entstanden ist. Etwaige Konsequenzen – zivilrechtlich oder vereinsintern – seien vom Ergebnis abhängig. Auch die Mitgliedschaft Windhorsts im Verein sowie mögliche Rückforderung von Geldern stehen zur Diskussion.

In Israel wiederum untersucht das Justizministerium, ob Shibumi gegen lokale Gesetze verstoßen hat. Die Tätigkeit privater Geheimdienstfirmen unterliegt auch dort engen gesetzlichen Vorgaben. Vor allem die Beschäftigung ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter wird streng reguliert, insbesondere wenn deren Wissen im zivilen Bereich gegen Einzelpersonen eingesetzt wird. Das Wirtschaftsministerium prüft daher etwaige Exportverstöße, weil derartige Dienstleistungen als sicherheitsrelevant eingestuft werden können.

Auch auf diplomatischer Ebene hat der Fall Aufmerksamkeit erzeugt. Zwar gibt es bislang keine offiziellen Stellungnahmen deutscher Behörden zur Zusammenarbeit mit Israel in dieser Angelegenheit, doch ist bekannt, dass in vergleichbaren Fällen internationale Rechtshilfeverfahren eingeleitet werden. Ob ein solcher Austausch bereits läuft, bleibt derzeit unklar.

Anders als andere prominente Fälle, in denen Detekteien im Graubereich operierten, steht im Fall Windhorst weniger eine direkte Einschüchterung im Vordergrund als vielmehr ein gezielter Reputationsschaden. Sollte sich der Vorwurf der Rufschädigung durch gezielte Informationsverbreitung bestätigen, könnten auch presserechtliche Konsequenzen für beteiligte Medien und PR-Agenturen folgen, sofern sie Teil der Verbreitungsstrategie waren.

Gegenbauer selbst hat sich bislang nur zurückhaltend geäußert. In einem knappen Statement ließ er wissen, dass er von bestimmten Vorkommnissen gehört habe und eine eigene rechtliche Prüfung erwäge. Persönliche Angriffe oder Eingriffe in seine Privatsphäre wolle er nicht kommentieren, äußerte sich jedoch „alarmiert über das Ausmaß der rechtswidrigen Einmischung in vereinsinterne Angelegenheiten“.

Ob tatsächlich ein koordinierter und finanziell abgesicherter Angriff auf Gegenbauer mithilfe von Shibumi organisiert wurde, wird derzeit von mehreren Seiten geprüft. Im Raum steht auch die Frage, ob weitere Vereinsfunktionäre Ziel solcher Maßnahmen waren – bisher scheint sich die Operation jedoch auf Gegenbauer konzentriert zu haben.

Unklar bleibt auch, ob Windhorst mit rechtlichen Konsequenzen rechnen muss. Strafrechtlich wäre eine Beauftragung zur gezielten Rufschädigung oder Ausspähung unter bestimmten Voraussetzungen relevant, etwa im Rahmen der §§ 201 ff. Strafgesetzbuch (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) oder § 186 (Üble Nachrede). Eine Bewertung durch die Staatsanwaltschaft steht jedoch noch aus.

Für Hertha BSC markiert der Vorfall einen weiteren Tiefpunkt in einer ohnehin bewegten Zeit. Der Streit zwischen Investor und Vereinsführung hatte in den vergangenen Jahren bereits zu personellen Umbrüchen und sportlichem Misserfolg geführt. Nun sieht sich der Verein auch noch mit Vorwürfen konfrontiert, in undurchsichtige nachrichtendienstähnliche Aktivitäten verstrickt gewesen zu sein. Transparenz, juristische Aufarbeitung und vereinsinterne Konsequenzen gelten als zwingend erforderlich, um das Vertrauen von Mitgliedern und Öffentlichkeit zurückzugewinnen.

Es bleibt zu beobachten, in welche Richtung sich die Affäre entwickelt – sowohl im sportpolitischen als auch im juristischen Bereich. Klar ist bislang nur: Die Verquickung von Privatinteressen, internationaler Dienstleistungen und Vereinsführung schafft ein komplexes Geflecht, das weitreichende Folgen haben könnte – auch über den deutschen Profifußball hinaus.

Subscribe to ShadowWire

Don’t miss out on the latest issues. Sign up now to get access to the library of members-only issues.
jamie@example.com
Subscribe