Kündigung nach Detektiv-Recherche: Muss der Arbeitnehmer die Kosten tragen?
Wird ein Arbeitnehmer verdächtigt, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu verletzen, kann der Arbeitgeber in bestimmten Fällen einen Detektiv beauftragen, um den Verdacht zu überprüfen. Kommt es aufgrund der durch den Detektiv gewonnenen Erkenntnisse zu einer Kündigung, stellt sich häufig die Frage, ob der Arbeitnehmer die dadurch entstandenen Detektivkosten übernehmen muss. Ein aktueller Fall zeigt erneut, welche rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit solche Kosten auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden dürfen.
Detektivbeauftragung und arbeitsrechtliche Folgen
Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Unternehmen eine Detektei eingeschaltet, weil der dringende Verdacht bestand, dass ein Mitarbeiter während einer Krankschreibung einer unbezahlten Nebentätigkeit nachging. Die Detektive konnten dies belegen, woraufhin der Arbeitgeber dem Mitarbeiter außerordentlich kündigte. Gleichzeitig forderte er von diesem die Erstattung der Detektivkosten in Höhe von mehreren tausend Euro.
Der Arbeitnehmer wehrte sich vor Gericht gegen die Kündigung und die Kostenerstattung. Das zuständige Arbeitsgericht bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung, lehnte jedoch eine Kostentragungspflicht des Mitarbeiters ab. Der Streit landete schließlich vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG)
Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsgericht bekräftigte in seiner Entscheidung die Einhaltung strenger Voraussetzungen, damit die Kosten einer Detektivüberwachung auf den Arbeitnehmer übertragen werden können. Entscheidend sei, ob der Arbeitgeber den Privatdetektiv aus einem konkreten, objektiv belegbaren Verdacht eines schwerwiegenden Fehlverhaltens beauftragt habe, das letztlich auch zur Kündigung geführt hat. Darüber hinaus müsse die Beauftragung verhältnismäßig sein und den Datenschutz wahren.
Erfüllt der Verdacht diese Kriterien, könne der Arbeitnehmer verpflichtet sein, dem Arbeitgeber die Detektivkosten als sogenannten „Schadensersatz“ zu erstatten. Voraussetzung ist jedoch, dass das Verhalten des Arbeitnehmers tatsächlich schuldhaft war und dem Arbeitgeber dadurch ein konkreter Schaden entstanden ist – in diesem Fall die Detektivkosten.
Einzelfallprüfung entscheidend
In dem konkreten Fall entschied das BAG allerdings, dass die Voraussetzungen nicht alle erfüllt waren. Zwar habe ein berechtigter Anfangsverdacht bestanden. Doch dem Arbeitgeber sei es nicht gelungen, im Verfahren umfassend darzulegen, warum die Beauftragung eines Detektivs tatsächlich erforderlich und das eingesetzte Maß der Überwachung verhältnismäßig gewesen sei. Zudem habe es Zweifel gegeben, ob die übertragene Tätigkeit während der Krankschreibung tatsächlich eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellte.
Der Arbeitnehmer müsse daher zwar die Kündigung hinnehmen, nicht jedoch die Detektivkosten tragen. Das BAG stellte klar, dass Arbeitgeber in der Pflicht stehen, die Notwendigkeit einer Überwachung konkret zu begründen und die damit verbundenen Maßnahmen eng am Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu orientieren. Pauschale Verdachtsmomente oder routinemäßige Kontrollen reichen nicht aus.
Rechtliche Maßstäbe für Detektivkosten
Arbeitgebern ist daher geraten, vor der Beauftragung einer Detektei sorgfältig abzuwägen, ob die Maßnahme rechtlich tragfähig ist. Sie müssen insbesondere folgende Kriterien erfüllen:
- Konkreter Verdacht: Es muss ein konkreter und objektiv nachvollziehbarer Verdacht gegen den Arbeitnehmer vorliegen.
- Schwerwiegende Pflichtverletzung: Die vermutete Verfehlung muss geeignet sein, eine Kündigung zu rechtfertigen.
- Verhältnismäßigkeit: Die Überwachung muss das letzte Mittel sein; weniger eingreifende Maßnahmen müssen vorab ausgeschöpft sein.
- Datenschutz: Die Erhebung personenbezogener Daten durch eine Detektei unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Vorgaben.
Erst wenn alle diese Punkte erfüllt sind und sich der Verdacht anschließend bestätigt, dürfen die Kosten dem Arbeitnehmer – unter Umständen – auferlegt werden.
Praktische Auswirkungen für die Arbeitswelt
Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass sie zwar im Einzelfall mit der Erstattung von Detektivkosten rechnen müssen, sofern sie nachweislich eine gravierende Pflichtverletzung begangen haben. Allerdings zeigt die Entscheidung des BAG auch, dass Gerichte sehr genau hinschauen, bevor sie die Erstattungspflicht bejahen. Die Rechte von Mitarbeitern – insbesondere in Bezug auf Privatsphäre und Datenschutz – bleiben gewahrt.
Für Arbeitgeber steigt hingegen das Risiko, auf den Kosten für wirtschaftlich und rechtlich nicht hinreichend begründete Detektivbeauftragungen sitzenzubleiben. Eine rechtliche Beratung vor der Beauftragung kann helfen, mögliche Fallstricke zu vermeiden und sicherzustellen, dass ein anschließender Rückgriff auf den Arbeitnehmer auch tatsächlich möglich ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Überwachung durch einen Detektiv bleibt ein rechtliches Instrument, das im Arbeitsrecht zulässig ist – aber nur unter engen Voraussetzungen. Arbeitgeber sollten es mit Augenmaß einsetzen, Arbeitnehmer hingegen sollten sich der möglichen Konsequenzen bei schwerwiegendem Fehlverhalten bewusst sein.