Krankgeschrieben auf der Arbeit: Dürfen Unternehmen Krankmeldungen mit einem Detektiv kontrollieren?

Krankgeschrieben auf der Arbeit: Dürfen Unternehmen Krankmeldungen mit einem Detektiv kontrollieren?

Der Verdacht, dass sich ein Arbeitnehmer unrechtmäßig krankgemeldet haben könnte, bringt Unternehmen regelmäßig in eine schwierige Lage. Einerseits bestehen arbeitsrechtliche Verpflichtungen zum Schutz der Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers, andererseits haben Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, Blaumacherei aufzudecken und wirtschaftlichen Schaden zu verhindern. Eine Maßnahme, die in solchen Fällen ergriffen werden kann, ist die Beauftragung eines privaten Detektivs. Doch unter welchen rechtlichen Voraussetzungen ist dies zulässig?

Grundsätzliches zum Einsatz von Detektiven

Nach deutschem Recht ist die Beauftragung eines privaten Ermittlers zur Überwachung eines Mitarbeiters grundsätzlich möglich, aber nur unter engen gesetzlichen Vorgaben. Maßgeblich ist dabei das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sowie die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Arbeitgeber dürfen personenbezogene Daten eines Mitarbeiters erheben, verarbeiten und nutzen, wenn dies zur Aufdeckung einer Straftat oder einer schwerwiegenden Pflichtverletzung erforderlich ist (§ 26 Abs. 1 BDSG).

Für den Einsatz eines Detektivs bedeutet das: Es muss ein konkreter Verdacht auf ein pflichtwidriges Verhalten vorliegen, das den Interessen des Arbeitgebers erheblich schadet. Ein bloßes Bauchgefühl oder eine allgemeine Vermutung reichen nicht aus, um eine Überwachung zu rechtfertigen. Die Maßnahme muss verhältnismäßig sein und darf nur durchgeführt werden, wenn mildere Mittel ausgeschöpft sind oder nicht zur Verfügung stehen.

Rechtsprechung zur Überwachung arbeitsunfähiger Mitarbeiter

Das Bundesarbeitsgericht hat sich in mehreren Urteilen mit der Frage befasst, ob und wann eine Überwachung durch Detektive zulässig ist. In einem Grundsatzurteil von 2015 (Az. 8 AZR 1007/13) erklärte das BAG eine verdeckte Überwachung eines krankgeschriebenen Mitarbeiters für unzulässig, da keine konkreten Anhaltspunkte vorgelegen hätten. In dem Fall hatte ein Arbeitgeber einen Detektiv beauftragt, nachdem sich ein Mitarbeiter öfter krankgemeldet hatte – ohne jedoch konkrete Hinweise auf eine Täuschung zu haben. Die Überwachung stellte nach Auffassung des Gerichts eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar.

Anders kann dies jedoch aussehen, wenn der Arbeitgeber etwa beobachtet, dass der krankgeschriebene Mitarbeiter während der Krankschreibung schwer körperliche Arbeit verrichtet oder einem bezahlten Nebenjob nachgeht, der mit der angegebenen Erkrankung unvereinbar erscheint. In solchen Fällen kann die Beauftragung eines Detektivs gerechtfertigt sein, sofern sie nötig ist, um die behauptete Pflichtverletzung nachzuweisen.

Datenschutzrechtliche Anforderungen

Neben arbeitsrechtlichen Vorgaben sind auch datenschutzrechtliche Aspekte zu beachten. Die Observation durch einen Detektiv greift in erheblichem Maße in das Persönlichkeitsrecht des Überwachten ein. Daher ist bereits bei der Planung einer Überwachung durch private Ermittler eine Datenschutz-Folgenabschätzung zu empfehlen, insbesondere bei besonders sensiblen Daten wie Gesundheitsinformationen.

Auch muss der Arbeitgeber den Detektiv ausdrücklich und klar zur Einhaltung der Datenschutzgesetze verpflichten. Eine umfassende Dokumentation des Verdachts, der Ziele und der durchgeführten Maßnahme ist unerlässlich, um im Streitfall darlegen zu können, dass die Überwachung rechtmäßig war.

Mögliche Konsequenzen unzulässiger Überwachung

Wurde ein Detektiv zu Unrecht eingesetzt – etwa weil kein hinreichender Verdacht vorlag – kann dies für den Arbeitgeber schwerwiegende rechtliche Folgen haben. Neben einem möglichen Beweisverwertungsverbot drohen Schadenersatzforderungen des betroffenen Arbeitnehmers. In dem bereits erwähnten Fall vor dem BAG erhielt der betroffene Beschäftigte ein Schmerzensgeld von 1.000 Euro zugesprochen. Bei besonders gravierenden Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht sind auch höhere Entschädigungen denkbar.

Zudem kann eine unzulässige Datenerhebung eine Ordnungswidrigkeit darstellen und durch die Datenschutzaufsichtsbehörden mit Bußgeldern sanktioniert werden. Auch strafrechtliche Konsequenzen sind nicht ausgeschlossen, etwa wenn durch die Überwachung besonders schützenswerte Daten unrechtmäßig erhoben werden.

Fazit: Kontrolle nur mit Augenmaß

Der Einsatz von Detektiven zur Überprüfung von Krankmeldungen ist unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, bleibt aber ein rechtlich heikles Mittel. Arbeitgeber sind gut beraten, zunächst intern sachlich belastbare Hinweise zu sammeln und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen, bevor sie zu einer solch schwerwiegenden Maßnahme greifen. Ein konkreter Anfangsverdacht, die Auswahl eines zuverlässigen und datenschutzkonformen Detektivbüros sowie die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sind essenzielle Voraussetzungen für eine rechtmäßige Überwachung.

Im Spannungsfeld zwischen berechtigtem Arbeitgeberinteresse und dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers ist eine gründliche Prüfung im Einzelfall unerlässlich. Nur dann kann sichergestellt werden, dass die Maßnahme nicht selbst zum rechtlichen Problem wird.

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