Krankgeschrieben auf der Arbeit: Dürfen Unternehmen Krankmeldungen mit einem Detektiv kontrollieren?

Krankgeschrieben auf der Arbeit: Dürfen Unternehmen Krankmeldungen mit einem Detektiv kontrollieren?

Wenn Arbeitnehmende sich krankmelden, stellt dies grundsätzlich einen geschützten Zustand dar: Sie sind für einen gewissen Zeitraum arbeitsunfähig und der Arbeitgeber darf keine Arbeitsleistung verlangen. Gleichzeitig besteht auf Seiten der Arbeitgeber ein legitimes Interesse, Missbrauch vorzubeugen – insbesondere dann, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Krankmeldung aufkommen. In bestimmten Fällen greifen Unternehmen dabei zu einem drastischen Mittel: der Beauftragung von Detektiven.

Doch dürfen Arbeitgeber tatsächlich Privatdetektive einsetzen, um ihre krankgemeldeten Angestellten zu überwachen? Diese Frage bewegt sich juristisch auf sensiblen Terrain, das von datenschutz- und arbeitsrechtlichen Vorgaben bestimmt wird.

Grundsätzlich erlaubt – aber nicht schrankenlos

Nach aktueller Rechtslage ist die Beauftragung eines Detektivs durch den Arbeitgeber grundsätzlich zulässig, wenn ein konkreter, begründeter Verdacht auf eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit besteht. Das heißt: Ein bloßes Bauchgefühl oder allgemeines Misstrauen reicht nicht aus. Es müssen objektive Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht erhärten, dass eine Krankmeldung missbräuchlich erfolgt ist – etwa, wenn sich Hinweise aus sozialen Medien ergeben oder Kollegen von offensichtlichen Widersprüchen berichten.

Der rechtliche Rahmen für eine solche Überwachung ergibt sich unter anderem aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Demnach darf eine solche Maßnahme nur erfolgen, wenn sie verhältnismäßig ist. Das bedeutet insbesondere:

  • Der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmenden muss durch ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers gedeckt sein.
  • Die Überwachung darf nur so intensiv und langwierig sein wie zwingend erforderlich.
  • Weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts müssen zuvor ausgeschöpft worden sein oder nicht zur Verfügung stehen.

Datenschutzrechtliche Hürden

Besonders sensibel ist dabei die datenschutzrechtliche Bewertung. Seit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist klar geregelt, dass die Überwachung von Mitarbeitenden nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Gründe erlaubt ist. Die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten durch Detektive fällt darunter. Deshalb muss der Einsatz stets einer genauen Prüfung unterzogen werden und im Zweifelsfall dokumentationspflichtig sein.

Kommt es zu Streitigkeiten, werden Gerichte nicht nur bewerten, ob die Überwachung datenschutzkonform vorgenommen wurde, sondern auch, ob sie arbeitsrechtlich gerechtfertigt war. Wird festgestellt, dass etwa ein Detektiv ohne ausreichenden Verdacht eingesetzt wurde, kann der Arbeitgeber selbst in die Haftung geraten – unter Umständen sogar für Schadensersatzforderungen der betroffenen Person.

Rechtsprechung zeigt enge Grenzen

In der Vergangenheit haben Gerichtsurteile verdeutlicht, dass die Hürden für die Zulässigkeit einer Überwachung hoch sind. In einem bekannten Fall entschied das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2017, dass die heimliche Überwachung einer Mitarbeiterin mittels Videokamera rechtswidrig war, da es keinen konkreten Verdacht gab. Entsprechend wurde der Frau ein Anspruch auf Schmerzensgeld zugesprochen.

Bereits aus derartigen Urteilen lässt sich ableiten: Arbeitgeber sollten mit der Beauftragung von Detektiven äußerst zurückhaltend umgehen. Ohne dringend begründete Verdachtsmomente ist der Einsatz nicht nur unzulässig, sondern auch potenziell rechtswidrig – mit entsprechenden Konsequenzen.

Was Arbeitnehmer wissen sollten

Für abhängig Beschäftigte stellt sich regelmäßig die Frage, wie sie sich vor ungerechtfertigten Überwachungsmaßnahmen schützen können. Grundsätzlich gilt: Solange kein konkreter Verdacht vorliegt, darf der Arbeitgeber keine privaten Ermittlungen in Auftrag geben. Wer sich ordnungsgemäß krankmeldet und die Arbeitsunfähigkeit ärztlich bestätigten lässt, braucht keine weiteren Rechtfertigungen zu liefern.

Allerdings kann ein Fehlverhalten – etwa die offensichtliche Teilnahme an einer sportlichen Veranstaltung während der Krankschreibung oder wiederholte Krankmeldungen an Brückentagen – unter Umständen zu einem berechtigten Verdacht führen. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber mittelfristig durchaus rechtlich gedeckt handeln. Betroffene Personen haben dann kaum Möglichkeiten, sich der Überwachung zu entziehen – abgesehen davon, im Nachhinein mögliche Datenschutzverletzungen zu überprüfen und juristisch bewerten zu lassen.

Fazit: Ausnahmen bleiben Ausnahmen

Zusammenfassend lässt sich sagen: Der Einsatz von Detektiven zur Kontrolle von Krankmeldungen ist im deutschen Arbeitsrecht zwar nicht grundsätzlich untersagt, aber an strenge Voraussetzungen geknüpft. Arbeitgeber müssen stets die Verhältnismäßigkeit wahren und dürfen nur bei begründetem Verdacht tätig werden. Datenschutzrechtliche Aspekte und der Schutz der Persönlichkeitsrechte haben dabei stets Vorrang. Da die Anforderungen an eine zulässige verdeckte Überwachung hoch sind, bleibt sie im Regelfall ein außergewöhnliches Instrument – mit erheblichem juristischem Prüfungsbedarf.

Subscribe to ShadowWire

Don’t miss out on the latest issues. Sign up now to get access to the library of members-only issues.
jamie@example.com
Subscribe