Hannover: So hilft ein DNA-Detektiv bei der Suche nach leiblichen Eltern

Hannover: So hilft ein DNA-Detektiv bei der Suche nach leiblichen Eltern

Immer mehr Menschen wollen ihre genetische Herkunft erforschen – sei es aus persönlichem Interesse, medizinischen Gründen oder um lange gehütete Familiengeheimnisse zu lüften. In Hannover unterstützt der DNA-Detektiv Marcus Vetter Personen bei der Suche nach ihren leiblichen Eltern, oft mit Hilfe kommerzieller DNA-Datenbanken. Dabei bedient sich Vetter keiner forensischen Methode im kriminalistischen Sinne, sondern kombiniert genealogisches Fachwissen mit modernen Analyseverfahren.

Die Nachfrage nach solchen Dienstleistungen wächst beständig. Viele Menschen, die in den 1950er bis 1980er Jahren adoptiert wurden oder durch Samenspenden gezeugt wurden, hatten bislang kaum Chancen, mehr über ihre biologische Herkunft zu erfahren. Doch durch die Verbreitung privater DNA-Testkits und Online-Datenbanken eröffnen sich heute neue Möglichkeiten, auch ohne offizielle Akten und ohne Kooperation der Behörden.

Marcus Vetter, selbst lange in verschiedenen Funktionen als Medienmacher tätig, nutzt Daten aus Plattformen wie Ancestry oder MyHeritage. Personen führen dort eine DNA-Analyse durch und erhalten Zugriff auf mögliche genetische Verwandtschaftsbeziehungen. Vetter wertet diese so genannten Matches aus, analysiert Stammbäume und kann so – oft nach Monaten intensiver Recherche – Rückschlüsse auf den leiblichen Elternteil ziehen.

„Wichtig ist, dass man mit sehr viel Fingerspitzengefühl an solche Fälle herangeht“, betont Vetter. Denn nicht alle Beteiligten teilen den Wunsch nach Aufklärung: „Nicht jeder biologische Vater oder jede Mutter freut sich über den Kontakt.“ Vetter versteht sich daher nicht nur als genetischer Ermittler, sondern auch als Vermittler zwischen den Beteiligten.

Juristisch ist die Nutzung kommerzieller DNA-Datenbanken in Deutschland grundsätzlich zulässig – solange die betroffene Person selbst ihre Daten eingibt und ausdrücklich zustimmt. Eingriffe in die Privatsphäre Dritter sind hingegen streng geregelt. Ein DNA-Abgleich ohne Wissen und Zustimmung etwa des vermuteten Vaters wäre nach deutschem Recht illegal. Vetter achtet deshalb darauf, dass die Recherchen im Einklang mit rechtlichen Vorgaben stehen.

Ein typischer Fall beginnt oft mit wenigen Daten: Ein Name, ein Ort oder das Geburtsjahr. Die DNA-Ergebnisse liefern dann erste Anhaltspunkte über potenzielle Verwandte – beispielsweise Cousins zweiten oder dritten Grades. Von dort aus arbeiten sich Vetter und seine Klienten über öffentlich zugängliche Quellen wie Kirchenbücher, Melderegister oder Sozialnetzwerke vor. Die größte Herausforderung bestehe darin, aus vielen kleinen Hinweisen einen belastbaren Stammbaum zu rekonstruieren. „Es ist wie ein Puzzle, nur dass man nicht genau weiß, wie das fertige Bild aussieht“, sagt Vetter.

Vetter selbst stieß durch eine persönliche Geschichte zu seinem heutigen Berufsfeld: Nach dem Tod seines Vaters erfuhr er, dass sein Großvater väterlicherseits adoptiert wurde. Diese familiäre Unklarheit motivierte ihn, tiefer in die Ahnenforschung einzusteigen. Was mit privaten Interessen begann, entwickelte sich rasch zu einer professionellen Tätigkeit – mit immer mehr Nachfragen von außen.

Da der Markt für private DNA-Genealogie in Deutschland noch vergleichsweise jung ist, setzt Vetter auf Aufklärung. Viele Menschen seien unsicher, was mit ihren genetischen Daten geschieht. „Niemand wird gezwungen, Ergebnisse offenzulegen“, betont er. Und auch wenn eine genetische Übereinstimmung gefunden wird, bleibt der nächste Schritt – etwa die Kontaktaufnahme – stets freiwillig.

Besonders sensibel sind Fälle, in denen ehemalige Heimkinder auf der Suche nach ihren Eltern sind. Oftmals existieren keine oder nur lückenhafte Unterlagen, die eine Rückverfolgung möglich machen. Hier kann genetische Genealogie eine letzte Hoffnung darstellen. Vetter arbeitet dann eng mit den Klienten zusammen – nicht nur technisch, sondern auch emotional. Denn die Konfrontation mit der eigenen Herkunft kann existentielle Fragen aufwerfen: Wer bin ich? Warum wurde ich verlassen? Was wäre, wenn?

Laut Vetter liegt die Erfolgsquote seiner Arbeit mittlerweile bei rund 70 Prozent. Das bedeute nicht immer, dass der leibliche Elternteil identifiziert oder kontaktiert wird – aber es könne oft ein enger Verwandter gefunden werden, über den die restliche Familienstruktur rekonstruierbar ist. Immer wieder käme es zu emotionalen Begegnungen – aber auch zu Zurückweisungen. Deswegen sei psychologische Begleitung in manchen Fällen empfehlenswert.

Ein weiterer Aspekt sind medizinische Erkenntnisse: Viele Menschen interessieren sich nicht nur aus persönlichen Gründen für ihre Herkunft, sondern auch wegen möglicher genetischer Dispositionen. Zwar ersetzt die DNA-Genealogie keine medizinische Diagnostik, doch Hinweise auf etwaige familiäre Krankheitsrisiken können indirekt ermittelt werden – je nach Datenlage und Verfügbarkeit von Informationen in der Familie.

In Deutschland existieren derzeit keine einheitlichen Standards oder Zertifizierungen für DNA-Detektive. Die Tätigkeit ist rechtlich nicht gesondert geregelt, weshalb Eigenverantwortung und fachliche Kompetenz eine umso größere Rolle spielen. Vetter setzt sich deshalb für mehr Transparenz und ethische Leitlinien in der Branche ein. Ziel sei es, Betroffenen eine verlässliche Unterstützung bei ihrer Suche zu bieten – ohne Sensationslust und unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten.

Auch wenn nicht jede Suche erfolgreich ist, bleibe doch oft ein Stück Gewissheit zurück: Zu wissen, dass man alles versucht hat, um ein lebenslanges Rätsel zu lösen. Und manchmal ergibt dieses Puzzle ein überraschendes Bild – eines, das das Leben der Betroffenen für immer verändert.

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