Friseurbesuch statt Arbeit: 21.000 Euro Detektivkosten und Kündigung - T
Ein Arbeitnehmer, der sich während einer Krankschreibung zu einem Friseurbesuch entschloss, muss nun nicht nur mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes, sondern auch mit erheblichen finanziellen Konsequenzen rechnen. Ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg bestätigt die Rechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber sowie die Verpflichtung zur Übernahme von Detektivkosten in Höhe von rund 21.000 Euro.
Der Fall betraf einen langjährig beschäftigten Produktionsmitarbeiter, der sich im Februar 2021 wegen Rückenschmerzen und damit verbundenen Einschränkungen im Schulterbereich krankmeldete. Die Arbeitsunfähigkeit wurde ärztlich attestiert. Der Arbeitgeber, ein metallverarbeitendes Unternehmen, hatte jedoch aufgrund auffälliger Vorkommnisse Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Krankschreibung. Beobachtungen von Kollegen und frühere ähnliche Krankmeldungen mit auffälligem Timing verstärkten das Misstrauen.
Um Klarheit zu erlangen, beauftragte das Unternehmen eine Detektei mit der Observation des Mitarbeiters. Die Detektive dokumentierten in einem dreitägigen Einsatz unter anderem einen Friseurbesuch sowie Einkäufe in einem Baumarkt. Besonders auffällig war, dass der Mann während des Friseurbesuchs längere Zeit mit aufrechtem Oberkörper und ohne erkennbare Beschwerden saß. Zudem wurden keinerlei Anzeichen einer körperlichen Einschränkung festgestellt, die auf eine ernsthafte Rückenerkrankung hingedeutet hätten.
Nach Auswertung der Ermittlungsergebnisse sprach der Arbeitgeber eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung aus. Der Arbeitnehmer erhob daraufhin Kündigungsschutzklage, die jedoch vom Arbeitsgericht abgewiesen wurde. Neben der Klageabweisung verurteilte das Gericht den Kläger zur Übernahme der Detektivkosten in vollem Umfang.
Das Gericht argumentierte, dass der Arbeitgeber wegen des bestehenden Verdachts auf vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit berechtigt gewesen sei, eine Observation zu veranlassen. Bei einem begründeten Verdacht ist der Einsatz von Detektiven rechtlich zulässig, sofern die Maßnahme verhältnismäßig ist und keine unzulässige Persönlichkeitsverletzung darstellt. Im konkreten Fall befand das Gericht die Observation für angemessen, da der Arbeitgeber zunächst mildere Mittel ausgeschlossen und nur wenige Tage beobachtet hatte.
Ferner erkannte das Gericht in dem Verhalten des Mitarbeiters eine schwerwiegende Pflichtverletzung. Nach Ansicht der Kammer stellte die Vortäuschung einer Arbeitsunfähigkeit einen besonders gravierenden Vertrauensbruch dar, der eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigte. Die Tatsache, dass der Arbeitnehmer über viele Jahre hinweg im Betrieb beschäftigt war, führte nicht zu einer anderen Beurteilung. Auch der Umstand, dass keine Abmahnung vorausgegangen war, wurde im konkreten Fall als entbehrlich angesehen. Die vorsätzliche Täuschung über den Gesundheitszustand lasse eine solche entfallen.
Besonders schwer wog aus Sicht des Gerichts, dass der Arbeitnehmer nicht nur unentschuldigt der Arbeit fernblieb, sondern durch sein Verhalten auch das Vertrauen in seine Redlichkeit in elementarer Weise beschädigte. Ein dauerhafter Fortbestand des Arbeitsverhältnisses sei dem Arbeitgeber daher unzumutbar gewesen.
In Bezug auf die Erstattungspflicht der detektivischen Überwachungskosten berief sich das Gericht auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Danach muss ein Arbeitnehmer die Kosten für eine berechtigte Observation ersetzen, wenn sich der Verdacht eines arbeitsvertragswidrigen Verhaltens im Nachhinein bestätigt. Voraussetzung ist, dass die Maßnahme auf konkreten und objektiven Verdachtsmomenten basiert sowie verhältnismäßig war. Diese Anforderungen sah das Gericht als erfüllt an, sodass der Kläger nun rund 21.000 Euro für die Detektivkosten tragen muss.
Das Urteil dient als aktuelles Beispiel dafür, dass Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen kein Freifahrtschein sind. Arbeitgebern steht das Recht zu, bei berechtigten Zweifeln angemessene Prüfungsmaßnahmen einzuleiten. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits in früheren Entscheidungen betont, dass ein bewusster Missbrauch der Krankschreibungspflicht nicht nur kündigungsrelevant, sondern strafrechtlich relevant sein kann. Im vorliegenden Fall wurde zwar keine Strafanzeige erstattet, doch mögliche sozialrechtliche Konsequenzen bleiben dem Arbeitnehmer ebenfalls nicht erspart.
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg ist noch nicht rechtskräftig. Ob der Kläger in Berufung geht, ist derzeit nicht bekannt. Arbeitgeber wie Arbeitnehmer sollten jedoch beherzigen, dass gegenseitiges Vertrauen eine tragende Säule des Arbeitsverhältnisses darstellt. Ein Missbrauch dieses Vertrauens kann nicht nur das Arbeitsverhältnis beenden, sondern auch empfindliche finanzielle Belastungen nach sich ziehen.