Friseurbesuch statt Arbeit: 21.000 Euro Detektivkosten und Kündigung - T
Ein Friseurbesuch während der Arbeitszeit kann weitreichende Konsequenzen haben – das zeigt ein aktueller Fall aus Nordrhein-Westfalen. Eine Mitarbeiterin hatte sich unter Berufung auf eine Arbeitsunfähigkeit krankgemeldet und wurde daraufhin von ihrem Arbeitgeber observieren lassen. Die Erkenntnisse führten nicht nur zur fristlosen Kündigung, sondern auch zu Forderungen in Höhe von über 21.000 Euro für die Detektivkosten – mit Rückendeckung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf.
Fristlose Kündigung wegen beobachteter Alltagsaktivitäten
Im Mittelpunkt des Falls steht eine Angestellte eines metallverarbeitenden Betriebs, die sich krankgemeldet hatte. Der Arbeitgeber misstraute der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und beauftragte über mehrere Tage hinweg eine Detektei damit, die Mitarbeiterin zu beobachten. Diese dokumentierte unter anderem einen Friseurbesuch sowie mehrere Spaziergänge – Aktivitäten, die nach Auffassung des Arbeitgebers nicht zu dem vom Arzt attestierten Gesundheitszustand passten.
Basierend auf diesen Erkenntnissen sprach das Unternehmen eine fristlose Kündigung aus. Zudem forderte es die durch die Observation entstandenen Kosten in Höhe von 21.000 Euro von der inzwischen entlassenen Mitarbeiterin zurück. Das Arbeitsgericht in erster Instanz und nun auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf bestätigten das Vorgehen des Arbeitgebers im Wesentlichen.
Gericht erkennt Detektivkosten als erstattungsfähig an
Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts war die Beauftragung der Detektei durch den Arbeitgeber gerechtfertigt. Die Umstände hätten einen konkreten Verdacht nahegelegt, dass die Krankschreibung vorgeschoben sein könnte. Das Gericht stellte fest, dass ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers bestanden habe, diesen Verdacht zu überprüfen, um einen möglichen Arbeitszeitbetrug aufzuklären.
Die ermittelten Tätigkeiten der Mitarbeiterin während ihrer angeblichen Krankheit, insbesondere der Friseurbesuch, seien nach richterlicher Einschätzung nicht mit dem behaupteten Krankheitsbild vereinbar. In der Konsequenz bestätigte das Gericht die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung und wies auch die Klage der Mitarbeiterin auf Weiterbeschäftigung ab.
Wesentlich ist zudem die Entscheidung in Bezug auf die Detektivkosten. Das Landesarbeitsgericht sah diese als grundsätzlich erstattungsfähig an, wenn eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung vorliegt und der Arbeitgeber zur Klärung eines konkreten Verdachts Ermittlungen durchführt. Im vorliegenden Fall stufte das Gericht die Maßnahmen als verhältnismäßig ein.
Grundsatzurteil mit Signalwirkung
Das Urteil hat über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, da es die Anforderungen an die Beobachtung arbeitsunfähiger Beschäftigter konkretisiert. Arbeitgeber dürfen demnach nur bei einem berechtigten Verdacht auf eine vorgetäuschte Krankheit eine Detektei beauftragen. Dieser Verdacht muss auf objektiven Tatsachen beruhen und darf nicht lediglich auf einem vagen Misstrauen basieren.
Auch die Frage der Kostenerstattung wurde in dem Verfahren juristisch betrachtet. Die Durchsetzung der Rückzahlung von Ermittlungskosten sei – so das Gericht – grundsätzlich möglich, wenn sich die erhobenen Vorwürfe bestätigen und dem Arbeitnehmer eine schwerwiegende Pflichtverletzung angelastet werden kann. Das vermittle Arbeitgebern eine gewisse Rechtssicherheit bei der Durchsetzung berechtigter Interessen.
Verhalten während Krankschreibung kann arbeitsrechtliche Auswirkungen haben
Das Verfahren zeigt eindrücklich, dass Beschäftigte sich bei einer Krankschreibung an die ihnen obliegenden Pflichten halten müssen. Zwar dürfen auch arbeitsunfähige Personen bestimmte alltägliche Tätigkeiten verrichten, etwa Einkäufe tätigen oder kurze Spaziergänge unternehmen, sofern dies der Genesung nicht entgegensteht. Problematisch wird es jedoch dann, wenn das Verhalten Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit aufkommen lässt oder den Genesungsprozess gefährdet.
Gerade bei einem wiederholten Auftreten oder auffälligen Aktivitäten – wie etwa wiederholtem Besuch öffentlicher Einrichtungen oder körperlich belastenden Tätigkeiten – kann ein Arbeitgeber das Vertrauen in seinen Arbeitnehmer verlieren. In solchen Fällen kann ein gerichtsfestes Vorgehen bis hin zur Kündigung und gerichtlichen Auseinandersetzungen führen.
Revision vor Bundesarbeitsgericht möglich
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ist noch nicht rechtskräftig. Es wurde die Revision zugelassen, sodass der Fall vor dem Bundesarbeitsgericht weiterverhandelt werden kann. Sollte dies geschehen, könnte das höchste deutsche Arbeitsgericht weitere Leitlinien zum Umgang mit Krankmeldungen und verdeckten Ermittlungen im Arbeitsverhältnis aufstellen.
Bis zu einer abschließenden Entscheidung bleibt die Rechtslage zwar in Teilen offen, jedoch markiert der aktuelle Richterspruch bereits eine klare Linie: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten sich auch während einer krankheitsbedingten Abwesenheit korrekt verhalten – und Arbeitgeber können unter bestimmten Voraussetzungen zu verdeckten Maßnahmen greifen, ohne Haftungsrisiken befürchten zu müssen.