Ermittlungen gegen Detektei nach Lkw-Streik: Verdacht auf Einführung von Kriegswaffe

Ermittlungen gegen Detektei nach Lkw-Streik: Verdacht auf Einführung von Kriegswaffe

Im Zusammenhang mit einem kontrovers diskutierten Polizeieinsatz während eines Sattelzug-Streiks an der A5 bei Weiterstadt ermittelt nun die zuständige Staatsanwaltschaft in Gießen gegen eine privat beauftragte Detektei. Der Detektei wird unter anderem die mögliche Einführung einer "verbotenen Kriegswaffe" vorgeworfen. Die Vorgänge werfen nicht nur juristische, sondern auch ethische Fragen auf. Die Ermittlungen konzentrieren sich auf mögliche Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz sowie andere strafrechtlich relevante Tatbestände.

Im Hintergrund steht ein Streik von Lkw-Fahrern, die im Frühjahr 2023 wochenlang an der Autobahn ihr Lager aufgeschlagen hatten, um ausstehende Löhne einzufordern. Der Streik hatte bundesweit Aufmerksamkeit erregt. Während der Auseinandersetzungen soll eine Detektei im Auftrag einer Spedition tätig gewesen sein. Deren Ermittler waren offenbar bei polizeilichen Räumungsmaßnahmen anwesend und sollen dabei nicht nur als Beobachter fungiert, sondern aktiv eingegriffen haben.

Besondere Brisanz erfährt der Fall dadurch, dass Mitglieder der Detektei möglicherweise ein sogenanntes Elektroschockgerät, im Sprachgebrauch auch als Taser bekannt, mitgeführt oder eingesetzt haben sollen. Dies könnte unter bestimmten Umständen eine strafrechtliche Relevanz entfalten. Insbesondere, wenn es sich nicht um ein handelsübliches Elektroschockgerät handelt, sondern um ein Modell, das nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz als "verbotene Waffe" gilt.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft prüfen nun, ob die Detektei ohne entsprechende Genehmigung ein solches Gerät eingeführt oder genutzt hat. Die Einfuhr oder der Besitz von Kriegswaffen ohne behördliche Erlaubnis stellt nach §22a des Kriegswaffenkontrollgesetzes eine schwere Straftat dar und kann mit mehrjährigen Freiheitsstrafen geahndet werden. Auch der Einsatz solcher Geräte durch Privatpersonen ist gesetzlich stark reglementiert und in vielen Fällen verboten.

Die Staatsanwaltschaft Gießen hat die Ermittlungen aufgenommen, nachdem Anzeige bei der Polizei erstattet worden war. Diese Anzeigen gingen offenbar von Beteiligten oder Beobachtern des Streiks ein, die die Vorgänge dokumentiert hatten. Die Detektei selbst schweigt bislang zu den Vorwürfen. Auch die beauftragende Spedition hat sich nicht öffentlich geäußert. Eine zentrale Frage der Ermittlungen ist, ob die Detektei eigenmächtig gehandelt hat oder ob es eine koordinierte Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden gab.

Nach bisherigem Ermittlungsstand war die Detektei bei der polizeilichen Räumung des Fahrerlagers zugegen. Die Polizei hatte zu diesem Zeitpunkt eine richterlich angeordnete Räumung durchgesetzt. Dabei kam es laut Augenzeugen zu tumultartigen Szenen. Nach Angaben mehrerer beteiligter Fahrer sei ein Vertreter der Detektei aktiv in das Geschehen eingegriffen und habe aus unmittelbarer Nähe Elektroschocks angedeutet oder eingesetzt. Diese Vorwürfe werden nun mit Zeugenaussagen und möglichen Videoaufzeichnungen abgeglichen.

Juristisch relevant sind neben einem möglichen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz auch weitere Tatbestände wie Nötigung, Körperverletzung, Amtsanmaßung oder Verstoß gegen Bewachungsrechtsvorschriften. Denn privates Sicherheitspersonal darf nur in engen Grenzen tätig werden und hat keine hoheitlichen Befugnisse. Auch eine Begleitung von behördlichen Maßnahmen wie einer polizeilichen Räumung muss gesetzlich legitimiert sein.

Die Frage, ob ein Elektroschockgerät im konkreten Fall als Kriegswaffe einzustufen ist, hängt maßgeblich von seiner technischen Spezifikation ab. Das Bundeskriminalamt oder andere sachverständige Stellen müssen klären, ob es sich um ein Gerät mit entsprechender Spannung oder Wirkweise handelt. In der Vergangenheit gab es bereits gerichtliche Entscheidungen, wonach bestimmte Taser-Modelle unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen.

Sollte sich der Verdacht bestätigen, steht nicht nur die Detektei, sondern auch die auftraggebende Spedition im Fokus. Denn eine bewusste Beauftragung mit Kenntnis über den Einsatz verbotener Mittel könnte zu einer strafrechtlichen Mitverantwortung führen. Zudem werfen die Vorgänge grundlegende Fragen über die Rolle privater Sicherheitsdienste in Arbeitskonflikten auf. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte bereits im Nachgang des Streiks eine stärkere Regulierung privater Sicherheitsdienste gefordert.

Die Ermittlungen befinden sich derzeit noch im Anfangsstadium. Weitere Details will die Staatsanwaltschaft zur Wahrung der laufenden Untersuchungen derzeit nicht bekannt geben. Klar ist jedoch, dass der Vorfall über eine einfache arbeitsrechtliche Auseinandersetzung hinausgeht und potentiell sicherheitsrechtliche und politische Dimensionen aufweist.

Die öffentliche Diskussion über den Einsatz privater Sicherheitskräfte in konfliktgeladenen Situationen dürfte durch die Ermittlungen neuen Auftrieb erhalten. Auch auf Bundesebene hatten Bundestagsabgeordnete verschiedener Fraktionen bereits Interesse an einer Aufarbeitung der Vorgänge signalisiert. Ob es zu einem Prozess kommt, ist offen, wird aber maßgeblich von den noch ausstehenden Untersuchungsergebnissen abhängen.

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