Ermittlungen gegen Detektei nach Lkw-Streik: Verdacht auf Einführung von Kriegswaffe

Ermittlungen gegen Detektei nach Lkw-Streik: Verdacht auf Einführung von Kriegswaffe

Nach dem großen Proteststreik von Lastkraftfahrern auf der Raststätte Gräfenhausen im Frühjahr 2023 geraten die Hintergründe erneut in den Fokus der Justiz. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen eine private Detektei wegen des Verdachts auf ein unerlaubtes Einführen einer Kriegswaffe. Die Ermittlungen stehen im Zusammenhang mit dem gewaltsamen Versuch eines Spediteurs und seiner Begleiter, mit Hilfe der Detektei den Streik der Fahrer zu beenden.

Der Streik in Gräfenhausen, der bundesweit Aufmerksamkeit erregte, zeigte Missstände in der Bezahlung und Behandlung osteuropäischer Lkw-Fahrer auf. Diese hatten über Wochen hinweg ihre Arbeit niedergelegt, um ausstehende Löhne einzufordern. Der Unternehmer der betroffenen Spedition soll daraufhin eine private Detektei beauftragt haben, die Blockade zu beenden. Dabei kam es am 7. April 2023 zu einem gewaltsamen Zwischenfall, bei dem die Polizei eingreifen musste. Mehrere Personen wurden festgenommen.

Im Zuge der Ermittlungen gegen die involvierten Personen ist die Frankfurter Staatsanwaltschaft nun auf einen möglichen gravierenden Verstoß gestoßen: Bei Auswertung von sichergestellten Materialien seien Hinweise auf das Einführen einer Kriegswaffe festgestellt worden. Eine der sichergestellten Waffen, konkret eine sogenannte Maschinenpistolen-Pistole mit Schalldämpfer, falle möglicherweise unter das Kriegswaffenkontrollgesetz. Die Prüfung hierzu dauert an.

Das Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG) regelt in Deutschland den Umgang mit besonders gefährlichen Waffenarten. Darunter fallen u. a. automatische Schusswaffen mit militärischem Gebrauchscharakter. Der Besitz, Erwerb oder die Einfuhr solcher Waffen bedarf einer ausdrücklichen Genehmigung des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Verstöße können hohe Freiheitsstrafen nach sich ziehen.

Nach Informationen der Ermittlungsbehörden handelt es sich bei der betreffenden Waffe um keinen handelsüblichen Gegenstand und eine genaue gutachterliche Einstufung sei im Gange. Die Ermittlungen richten sich derzeit gegen mehrere Mitglieder der beauftragten Detektei. Zuständig ist die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt in Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt Hessen.

Die Rolle der Detektei wird in diesem Kontext besonders kritisch betrachtet. Bereits im Rahmen des damaligen Einsatzes in Gräfenhausen war das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte medial wie politisch auf Kritik gestoßen. Die Fahrer berichteten von Einschüchterungsversuchen und teilweise bedrohlichen Situationen. Dass nun offenbar auch potenziell verbotene Waffen mitgeführt wurden, verschärft die Vorwürfe gegen die Beteiligten erheblich.

Der Verdacht auf einen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz bedeutet juristisch, dass gegen einzelne Beteiligte wegen eines möglichen Verbrechens ermittelt wird. Dabei handelt es sich um keine Bagatelle: So sieht § 19 KWKG für das vorsätzliche unbefugte Einführen von Kriegswaffen eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr vor. In besonders schweren Fällen kann die Strafe auf bis zu fünfzehn Jahre steigen.

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft betonte jedoch, dass sich die Ermittlungen noch im Frühstadium befinden. Es gelte weiterhin die Unschuldsvermutung. Das genaue Motiv hinter dem möglichen Mitführen einer solchen Waffe sowie die Frage, wer dafür die Verantwortung trägt, seien Gegenstand der laufenden Untersuchung. Gegenwärtig würden Zeugenvernehmungen und kriminaltechnische Auswertungen durchgeführt.

Auch das Hessische Innenministerium hat sich in der Vergangenheit wiederholt zu dem Vorfall geäußert. Innenminister Peter Beuth hatte den Polizeieinsatz im Nachgang verteidigt, aber auch betont, dass eine vollständige Aufklärung notwendig sei. Die nun aufgeworfenen strafrechtlichen Aspekte könnten politische Forderungen nach strengeren Vorschriften für den Einsatz privater Sicherheitsdienste und Detekteien weiter befeuern.

In der Öffentlichkeit hatte der Streik von Gräfenhausen eine breite Solidaritätswelle ausgelöst. Unterstützerinnen und Unterstützer aus mehreren Städten versorgten die Fahrer vor Ort mit Lebensmitteln und Rechtsbeistand. Auch Gewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen hatten das Verhalten des Spediteurs wie auch den Einsatz der privaten Kräfte kritisch bewertet. Die neuen Erkenntnisse dürften diese Diskussion befeuern und zugleich Fragen zur Sicherheitsarchitektur im Zusammenhang mit Arbeitskonflikten aufwerfen.

Ob es zu einer Anklage wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz kommt, hängt nun von den Ergebnissen der weiteren Ermittlungen ab. Die Einstufung der Waffe durch Sachverständige sowie die Aufklärung des exakten Tathergangs sind dabei zentral.

Gleichzeitig laufen noch parallel Ermittlungsverfahren wegen anderer möglicher Straftaten im Zusammenhang mit dem Vorfall. Dazu gehören unter anderem gefährliche Körperverletzung, Nötigung und unerlaubtes Führen von Schusswaffen. Der Fall dürfte damit auch in den kommenden Monaten juristisch und politisch von Bedeutung bleiben.

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