Erfolglose Kündigungsschutzklage: Fauler Fahrkartenkontrolleur muss auch Detektiv-Kosten zahlen
Ein ehemaliger Fahrkartenkontrolleur der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ist mit seiner Kündigungsschutzklage vor dem Berliner Arbeitsgericht gescheitert. Darüber hinaus wurde er verpflichtet, die Kosten für eine von seinem Arbeitgeber beauftragte Detektei zu übernehmen. Diese hatte zuvor Unregelmäßigkeiten in seiner Arbeitsweise dokumentiert, die letztlich zur außerordentlichen Kündigung führten. Das Gericht stufte die Überwachung als verhältnismäßig und die Kündigung als gerechtfertigt ein.
Ausgangslage: Auffälligkeiten bei Arbeitszeiten
Die BVG hatte den langjährigen Mitarbeiter, der in der Fahrkartenkontrolle eingesetzt war, verdächtigt, systematisch seine Arbeitszeiten zu verkürzen und seinen Pflichten nicht ordnungsgemäß nachzukommen. Interne Hinweise und auffällige Zeitprotokolle führten bereits 2022 zur Einleitung interner Ermittlungen. Um belastbare Beweise zu erhalten, schaltete das Unternehmen schließlich ein externes Detektivbüro ein.
Die Detektive beobachteten den Kontrolleur an mehreren Arbeitstagen und dokumentierten unter anderem, dass er häufig ohne ersichtlichen Grund seine Routen frühzeitig beendete, längere Pausen einlegte oder sich an seinem Wohnort aufhielt, obwohl er sich in der Zeiterfassung bereits als im Dienst gemeldet hatte. Zudem konnte er keine ausreichenden Nachweise über tatsächlich durchgeführte Fahrkartenkontrollen oder Kontrollberichte vorlegen.
Außerordentliche Kündigung und gerichtliche Auseinandersetzung
Auf Grundlage der Ermittlungsergebnisse sprach die BVG die fristlose Kündigung aus. Der Gekündigte erhob daraufhin Kündigungsschutzklage beim Berliner Arbeitsgericht. Er bestritt die Vorwürfe und argumentierte, dass die Überwachung durch die Detektei einen unverhältnismäßigen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht darstelle und die gewonnenen Erkenntnisse nicht verwertet werden dürften. Darüber hinaus verlangte er die Weiterbeschäftigung sowie Gehaltsnachzahlungen für die Zeit seit der Kündigung.
Das Arbeitsgericht Berlin wies die Klage vollständig ab. Es sah die Grundsätze für eine rechtmäßige Überwachung von Mitarbeitenden als erfüllt an. Insbesondere habe ein „konkreter Anfangsverdacht“ vorgelegen, so dass der Arbeitgeber berechtigt gewesen sei, Überwachungsmaßnahmen zu ergreifen, um arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen aufzudecken. Die eingesetzten Maßnahmen seien zudem zielgerichtet, zeitlich begrenzt und nicht übermäßig invasiv gewesen.
Detektivkosten sind vom Gekündigten zu erstatten
Zusätzlich zur Bestätigung der Kündigung entschied das Gericht, dass der Mitarbeiter die durch die Detektei entstandenen Kosten vollständig tragen muss. Diese beliefen sich auf mehrere Tausend Euro. Das Gericht stützte sich dabei auf ständige Rechtsprechung, wonach Arbeitnehmer, die in erheblichem Maße ihre vertraglichen Pflichten verletzen und dadurch die Einschaltung privater Ermittlungsdienste notwendig machen, für die entstandenen Untersuchungskosten haftbar gemacht werden können.
Der Fall hat insbesondere durch diesen kostenrechtlichen Aspekt Bedeutung über den Einzelfall hinaus. Arbeitgeber dürfen – sofern konkrete Verdachtsmomente bestehen – Detektive zur Überprüfung möglicher Pflichtverletzungen einsetzen und die hierbei entstandenen Kosten auf Arbeitnehmer abwälzen, falls sich die Vorwürfe erhärten. Allerdings bleibt Voraussetzung, dass das Vorgehen verhältnismäßig und datenschutzkonform erfolgt.
Arbeitsrechtlicher Kontext: Grenzen der Mitarbeiterüberwachung
Im deutschen Arbeitsrecht gelten enge Grenzen für die Überwachung von Beschäftigten. Der Einsatz von Überwachungs- oder Kontrollmaßnahmen, etwa durch Videotechnik, GPS-Tracking oder Detektivbeobachtungen, kann einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellen. Solche Maßnahmen sind nur zulässig, wenn sie zur Aufdeckung konkreter Pflichtverletzungen erforderlich und verhältnismäßig sind. Ein Generalverdacht oder bloß vages Misstrauen genügt nicht.
In diesem Fall waren die vom Arbeitgeber vorgetragenen Verdachtsmomente laut Gericht hinreichend konkret. Die Beobachtungen durch die Detektei seien zudem lediglich auf die Arbeitszeiten und das Verhalten während angeblicher Dienstzeiten beschränkt gewesen und hätten sich nicht auf das Privatleben des Betroffenen erstreckt. Die Maßnahme habe auch keine flächendeckende oder dauerhafte Überwachung dargestellt, sondern sei auf wenige Präsenztage beschränkt geblieben.
Rechtliche Folgen für Arbeitnehmer bei Pflichtverletzungen
Der Fall zeigt exemplarisch, welche arbeitsrechtlichen Folgen wiederholte und nachgewiesene Pflichtverletzungen nach sich ziehen können. Neben einer fristlosen Kündigung drohen Beschäftigten im Falle erwiesenen Fehlverhaltens auch erhebliche finanzielle Konsequenzen, etwa durch die Erstattungspflicht von Ermittlungskosten. In der Praxis betrifft dies besonders Fälle von Arbeitszeitbetrug, Spesenmissbrauch oder unerlaubter Nebentätigkeit während der Arbeitszeit.
Das Berliner Arbeitsgericht bekräftigte in seiner Entscheidung zudem, dass das Interesse des Arbeitgebers an einer Aufklärung und Sanktionierung von Pflichtverstößen das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers überwiegen kann – vorausgesetzt, die Recherchemaßnahmen sind angemessen und zielgerichtet. Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass grobe Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten nicht nur zur Kündigung führen können, sondern auch eine erhebliche finanzielle Haftung nach sich ziehen.
Der betroffene Ex-Mitarbeiter kann gegen das Urteil Berufung beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg einlegen. Ob er diesen Weg beschreiten wird, ist derzeit nicht bekannt.