Das Auskunftsersuchen als Bumerang – wenn DSGVO-Waffen die Ermittlung treffen
Der Rechtsrahmen schützt Menschen vor Datenhunger – und wird in der Praxis zum taktischen Werkzeug. Wer Ziel einer internen Ermittlung wird, hört heute nicht selten den Rat: „Stell ein Auskunftsersuchen.“ Der Gedanke ist legal und legitim: Betroffene sollen wissen, welche Daten über sie vorliegen. Für Detekteien und ihre Mandanten entsteht daraus jedoch eine heikle Choreografie: Transparenzpflichten, Verschwiegenheitsinteressen, Beweisführung und Persönlichkeitsrechte kollidieren auf engem Raum. Wer hier improvisiert, verliert – Material, Vertrauen oder beides.
Das Auskunftsrecht wirkt wie ein Flutlicht. Plötzlich steht die Frage im Raum, ob und welche Unterlagen herauszugeben sind, ob Quellen offenzulegen wären, ob personenbezogene Daten Dritter geschwärzt werden müssen, wie lange Materialien aufbewahrt werden dürfen und wer überhaupt Verantwortlicher ist. Viele stoßen hier an eine schlichte Organisationslücke: Die saubere Trennung zwischen Mandantenakten und Detektei-Arbeitsakten existiert nicht, die Kette der Verarbeitungsschritte ist nicht dokumentiert, Speicherorte sind heterogen, Lösch- und Aufbewahrungsfristen sind Bauchgefühl. In dieser Unordnung wird jede Auskunft zum Risiko – nicht, weil man etwas „zu verbergen“ hätte, sondern weil man nicht zeigen kann, dass man nichts Unzulässiges getan hat.
Professionelle Antwort beginnt vor dem ersten Bild. Wer Aufträge strikt auf Mandantenakten fokussiert, die Detektei nur als Auftragsverarbeiter sauber einordnet, technische und organisatorische Maßnahmen (Verschlüsselung, Zugriff, Logging) dokumentiert, Schwärzungsroutinen und Minimalprinzipien festlegt, reduziert den Schock, wenn ein Ersuchen eintrifft. Dann lässt sich differenzieren: Welche Daten sind tatsächlich betroffen? Welche Teile gehören dem Mandanten, welche der Detektei? Wo schützt die Herausgabe Dritte nicht, sondern gefährdet sie – und wie wird das begründet? Transparenz heißt nicht, Quellen zu verraten. Sie heißt, den rechtlichen Zweck, den Umfang, die Herkunftsklassen und die Empfänger zu benennen – nicht den Ermittler, der in der Nacht an der Ecke stand.
Juristisch sauber arbeiten heißt auch, Sprache zu bändigen. Interne Notizen, die spekulativ klingen, sind in Akten eine tickende Zeitbombe. Wer die Berichtssprache bereits diszipliniert (Beobachtung statt Deutung, Lücke statt Suggestion, Chronologie statt Kommentar), senkt das Risiko, dass ein Auskunftsersuchen mehr beschädigt als beleuchtet. Die größte Gefahr ist nicht die Herausgabe an sich, sondern die selbsterzeugte Angriffsfläche durch flapsige Formulierungen, die später aus dem Kontext gerissen werden.
Mandanten müssen ihrerseits verstehen, dass Datenschutz keine „Hürde“ ist, sondern der Schutzmantel, der Beweise trägt. Ein Unternehmen, das aus Angst vor Auskunftsansprüchen „möglichst wenig schriftlich“ will, sägt am Beweiswert. Besser ist es, saubere Dokumente zu erzeugen – und ebenso sauber zu entscheiden, was wann wem gezeigt wird. Dazu gehört ein Plan für den Ernstfall: Wer bearbeitet Ersuchen? In welchem Turnus? Mit welcher juristischen Begleitung? Welche Fristen gelten? Wie wird kommuniziert? Ein hektischer E-Mail-Ringtausch zwei Tage vor Ablauf der Frist ersetzt kein Verfahren.
Die Bumerang-Metapher ist treffend: Ohne Methode fliegt die Anfrage zurück und trifft die, die Aufklärung wollten. Mit Methode wird sie zum Test, den man besteht, weil man zeigen kann, was man immer behauptet: Wir arbeiten legal, verhältnismäßig, datensparsam. Der beste Schutz vor dem Bumerang liegt nicht in Ausweichmanövern, sondern in der Architektur der Sorgfalt – gebaut lange, bevor jemand fragt.