CS-Beschattungsskandal - Detektei «Investigo» äussert sich erstmals öffentlich

CS-Beschattungsskandal - Detektei «Investigo» äussert sich erstmals öffentlich

Im Zuge des sogenannten CS-Beschattungsskandals hat sich die Zürcher Privatdetektei «Investigo» erstmals öffentlich zu ihrer Rolle geäußert. In einer schriftlichen Stellungnahme, die dem Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) vorliegt, weist die Detektei Vorwürfe gegen sie entschieden zurück. Die Erklärung erfolgte vor dem Hintergrund neuer Entwicklungen im Strafverfahren, das im Zusammenhang mit der Bespitzelung ehemaliger Mitarbeitender der Credit Suisse steht.

Die Detektei betonte, dass ihre damaligen Ermittlungs- und Überwachungstätigkeiten auf der Grundlage eines regulären Auftrags der früheren Konzernleitung der Credit Suisse erfolgt seien. Man sei davon ausgegangen, rechtlich korrekt zu handeln und habe stets im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften gearbeitet. Investigo habe keine eigenmächtigen Entscheidungen getroffen, sondern allein im Auftrag und Interesse des Kunden gehandelt, heißt es in dem Schreiben.

Die öffentliche Stellungnahme kommt zu einem Zeitpunkt, an dem das Verfahren der Zürcher Staatsanwaltschaft gegen mehrere involvierte Personen weiterläuft. Gegenstand der Ermittlungen ist unter anderem, ob bei den Überwachungsaktionen gegen geltendes Recht verstoßen wurde, etwa das Datenschutz- oder das Persönlichkeitsrecht. Die Bespitzelung ehemaliger Spitzenkräfte der Grossbank hatte Ende 2019 für heftige Reaktionen in Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit gesorgt.

Im Zentrum der Untersuchung steht insbesondere die Verfolgung von Iqbal Khan, dem ehemaligen Leiter des internationalen Vermögensverwaltungsgeschäfts der Credit Suisse. Nach seinem Wechsel zur Konkurrentin UBS wurde Khan im Sommer 2019 in Zürich beschattet. Der Vorfall wurde publik, nachdem Khan selbst auf die Überwachung aufmerksam geworden war und es zu einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem Detektiv kam. Der Skandal brachte schlussendlich die damalige Führungsspitze der Grossbank unter Druck und zog personelle Konsequenzen nach sich.

In ihrer Stellungnahme nimmt Investigo auch zu diesem Teil der Vorgänge Bezug. Man habe den Auftrag erhalten, bestimmte Beobachtungen durchzuführen, ohne über weitergehende interne Absichten oder mögliche strategische Beweggründe der Auftraggeber informiert gewesen zu sein. Die Detektei betonte, nicht in unternehmenspolitische Entscheidungen involviert gewesen zu sein, sondern lediglich die ihr übertragenen operativen Aufgaben erfüllt zu haben.

Die zur Debatte stehenden Observationen seien laut Investigo in Abstimmung mit der Rechtsabteilung der Credit Suisse vorbereitet und umgesetzt worden. Zudem habe man externe juristische Expertise zur Beurteilung der Zulässigkeit der Maßnahmen herangezogen. Damit untermauert die Detektei ihre bisherige Verteidigungslinie, wonach keine eigenständige Verantwortung für mögliche Rechtsverstöße bestehe. Eine zentrale Frage im laufenden Ermittlungsverfahren bleibt jedoch, ob die Handlungen auch mit dem Schweizer Strafrecht vereinbar waren – entscheidend ist vor allem die Verhältnismäßigkeit und Legitimität der eingesetzten Mittel.

Der Beschattungsskandal hatte über die Schweiz hinaus Wellen geschlagen und warf ein Schlaglicht auf die internen Strukturen und Vorgänge bei der Credit Suisse. In der Folge wurde nicht nur die Rolle einzelner Manager, sondern auch das Zusammenspiel mit externen Dienstleistern wie privaten Sicherheits- oder Überwachungsfirmen kritisch hinterfragt. Die Tatsache, dass eine international agierende Grossbank derartige Mittel gegen ehemalige Mitarbeitende einsetzte, sorgte für ein erhebliches Medienecho und juristische Konsequenzen.

Bis heute untersucht die Zürcher Staatsanwaltschaft die Verantwortung einzelner Beteiligter. Gegen ehemalige Credit Suisse-Mitarbeitende sowie gegen Personen aus dem Umfeld von Investigo laufen Verfahren wegen Verdachts auf Verletzung des Datenschutzes, Nötigung und weiterer Straftatbestände. Auch wenn bislang kein rechtskräftiges Urteil vorliegt, hat die Affäre den Ruf der beteiligten Institutionen stark beschädigt.

Investigo kündigte in ihrer Stellungnahme an, im laufenden Verfahren vollumfänglich mit den Behörden zu kooperieren. Man sei an einer vollständigen Aufklärung der Geschehnisse interessiert und bereit, alle relevanten Informationen zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig kritisierte die Detektei die ihrer Ansicht nach unvollständige Darstellung der Ereignisse in den Medien und beklagte, in der öffentlichen Wahrnehmung zu Unrecht einseitig als Verantwortliche dargestellt worden zu sein.

Die öffentliche Erklärung dürfte auch deshalb von besonderem Interesse sein, weil sich Investigo über Jahre hinweg nicht zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen geäußert hatte. Die jetzige Stellungnahme markiert eine Wende in der Kommunikationsstrategie der Detektei, die sich bisher auf anwaltliche Vertretung im Hintergrund beschränkt hatte. Beobachter werten dies als Versuch, das eigene Bild in der Öffentlichkeit zu korrigieren und möglichen weiteren Reputationsschäden entgegenzuwirken.

Wirtschaftsrechtlich stellt die Affäre weiterhin ein heikles Thema dar. Vor allem das Spannungsverhältnis zwischen dem berechtigten Interesse einer Firma an Schutz vor Verrat von Geschäftsgeheimnissen und dem Persönlichkeitsrecht ehemaliger Angestellter steht im Fokus. Rechtswissenschaftler weisen darauf hin, dass Beschattungen durch private Unternehmen in einem engen rechtlichen Rahmen stattfinden müssen und streng geprüft werden sollten. Die Frage, ob im Fall der Credit Suisse diese Grenzen überschritten wurden, bleibt nun der abschließenden rechtlichen Würdigung vorbehalten.

Mit der nun erfolgten Stellungnahme von Investigo kommt neues Licht in die Debatte über die Grenzen privatwirtschaftlicher Überwachung und die Verantwortung externer Dienstleister im Auftrag großer Konzerne. Der Ausgang des juristischen Verfahrens bleibt jedoch abzuwarten – und könnte über den konkreten Fall hinaus Signalwirkung entfalten.

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