Credit Suisse: Privatdetektiv der Detektei Investigo verklagt Schweizer Grossbank

Credit Suisse: Privatdetektiv der Detektei Investigo verklagt Schweizer Grossbank

Ein ehemaliger Privatdetektiv der auf Wirtschafts- und Mitarbeiterüberwachung spezialisierten Zürcher Detektei Investigo hat eine Klage gegen die Credit Suisse eingereicht. Der Hintergrund: Der Detektiv fordert Schadenersatz von der Schweizer Grossbank in Höhe von rund 270.000 Franken. Die Klage wurde laut «Handelszeitung» am Bezirksgericht Zürich eingereicht und ist ein weiteres Kapitel im langjährigen Skandal um die Spionagepraktiken von Credit Suisse.

Der Kläger war nach eigenen Angaben massgeblich an den Überwachungsaktionen beteiligt, die 2019 publik wurden. Damals geriet die Credit Suisse in die Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass sie mehrere ehemalige Führungskräfte observieren liess. Die Affäre begann mit der Observation des früheren Wealth-Management-Chefs Iqbal Khan durch Detektive, nachdem dieser zur UBS gewechselt war.

Von der Überwachung zum Reputationsrisiko

Im Zuge der Enthüllungen kam heraus, dass neben Khan auch andere Führungspersonen wie Peter Goerke, ein früheres Geschäftsleitungsmitglied, Zielpersonen von Überwachungsmassnahmen waren. Die Detektivarbeit wurde durch die Detektei Investigo ausgeführt, deren Mitarbeiter offenbar im Auftrag von Führungskräften der Credit Suisse handelten. Die Fälle führten zur Entlassung des damaligen COO Pierre-Olivier Bouée sowie zum Rücktritt von CEO Tidjane Thiam, auch wenn letzterer jegliches Vorwissen bezüglich der Operationen stets bestritt.

Die nun eingereichte Klage des früheren Detektivs zielt auf eine finanzielle Wiedergutmachung aufgrund des Reputationsschadens und beruflicher Nachteile, die er infolge seiner Tätigkeit im Rahmen der CS-Affäre erlitten habe. Der Mann argumentiert, er sei für Handlungen verantwortlich gemacht worden, die er im Auftrag der Bank und ihrer Führungskräfte ausgeführt habe, und habe seither Schwierigkeiten, im Detektivwesen wieder Fuss zu fassen. Laut der Klageschrift sei er aufgrund seiner Verbindung zur Affäre faktisch nicht mehr vermittelbar.

Verantwortlichkeiten in der Grauzone

Die strafrechtliche Aufarbeitung des Skandals erwies sich als lückenhaft. Bereits 2020 starb ein leitender Manager der Sicherheitsabteilung der Bank, der als zentrale Figur galt, durch Suizid, kurz nachdem interne Untersuchungen begannen. Die Strafuntersuchung der Zürcher Staatsanwaltschaft ergab zwar Hinweise auf Fehlverhalten, doch wurden keine konkreten strafrechtlichen Schritte gegen Führungskräfte eingeleitet.

Die Credit Suisse selbst vertrat stets die Position, dass es sich bei den Überwachungsmassnahmen um Einzelfälle gehandelt habe, die ohne Wissen des Verwaltungsrats oder anderer Mitglieder der Geschäftsleitung durchgeführt wurden. Man sprach von einem «inakzeptablen Vorfall», der nicht dem Ethikstandard des Instituts entspreche. Nach Abschluss interner Untersuchungen wurde die Compliance-Struktur überarbeitet und insbesondere die Aufsicht über die unternehmensinterne Sicherheitsabteilung verschärft.

Analysten sehen in der neuerlichen Klage nicht nur juristische, sondern auch reputationsbezogene Implikationen für die Credit Suisse. Die Bank, inzwischen Teil der UBS nach der Notübernahme im Frühjahr 2023, steht unter verstärkter Beobachtung von Regulatoren und Öffentlichkeit. Auch wenn die angeführte Summe von 270.000 Franken für ein Großinstitut wirtschaftlich unbedeutend erscheint, wirft der Fall erneut Fragen nach der Unternehmenskultur, Transparenz sowie der Verantwortung von Führungsebene und Aufsichtsgremien auf.

Rechtliche Erfolgschancen unklar

Juristen beurteilen die Erfolgschancen der Klage derzeit als schwer einschätzbar. Ein entscheidender Faktor wird sein, ob der Kläger nachweisen kann, dass er im Rahmen eines direkten Auftragsverhältnisses mit der Bank agierte und dabei Weisungen befolgte, die im Widerspruch zum geltenden Recht oder zu ethischen Standards standen. Sollte das Gericht dies bejahen und eine vertragliche oder quasi-vertragliche Beziehung zur Bank feststellen können, könnte dem Kläger tatsächlich eine Entschädigung zustehen.

Ein weiterer Aspekt könnte die Fürsorgepflicht des Auftraggebers gegenüber externen Dienstleistern betreffen. Sollte es der Kläger schaffen, darzulegen, dass er durch seine Tätigkeit einem erhöhten Risiko von Reputationsschäden ausgesetzt war und die Bank ihn nicht angemessen darüber informierte oder schützte, würde das den Anspruch auf Schadenersatz unter Umständen stützen.

Die Detektei Investigo selbst äusserte sich nicht öffentlich zu den laufenden Verfahren. Bekannt ist jedoch, dass die Firma nach der CS-Affäre grosse Einbussen im Auftragsvolumen hinnehmen musste. Die Branche der Überwachungs- und Sicherheitsfirmen sieht sich seither mit gesteigertem regulatorischem Druck konfrontiert, insbesondere was Datenschutz und die Grenze zwischen legitimer Überwachung und rechtswidriger Bespitzelung betrifft.

Langzeitfolgen der Affäre

Auch Jahre nach Bekanntwerden der Vorfälle wirkt die sogenannte «Spitzelaffäre» der Credit Suisse nach. Sie gilt als einer der grössten Reputationsschäden einer Schweizer Grossbank in den vergangenen Jahrzehnten. Der Zusammenschluss mit der UBS bot zwar eine organisatorische Gelegenheit zur Konsolidierung, brachte aber zugleich neue Herausforderungen mit sich, insbesondere im Umgang mit den Altlasten der übernommenen Bank.

Die gerichtliche Auseinandersetzung mit dem früheren Detektiv ist ein weiteres Mosaikstück darin, wie weitreichend die Konsequenzen jener fragwürdigen Überwachungspraktiken noch heute sind. Ob die Klage zu einem rechtskräftigen Urteil führt oder in einen Vergleich mündet, bleibt abzuwarten.

Das Bezirksgericht Zürich hat zur Sache bislang keine öffentlichen Erklärungen abgegeben. Ein Termin für die mündliche Verhandlung steht zum jetzigen Zeitpunkt nicht fest. Die UBS, als Rechtsnachfolgerin der Credit Suisse, wollte zu individuellen Rechtsverfahren keine Stellung nehmen.

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