Credit Suisse: Privatdetektiv der Detektei Investigo verklagt Schweizer Grossbank

Credit Suisse: Privatdetektiv der Detektei Investigo verklagt Schweizer Grossbank

Ein ehemaliger Privatdetektiv der britischen Detektei Investigo hat Klage gegen die Schweizer Grossbank Credit Suisse eingereicht. Wie aus einem Bericht der „Handelszeitung“ hervorgeht, wirft der Ermittler dem Finanzinstitut vor, ihn im Zusammenhang mit geheimen Überwachungsoperationen widerrechtlich für ihre Zwecke eingespannt und anschließend Schadenersatzforderungen offengelassen zu haben. Der Fall könnte damit ein weiteres Kapitel in der bereits kontrovers diskutierten Aufarbeitung der Spionage-Affären um die Credit Suisse werden.

Laut den veröffentlichten Informationen steht die Klage in Verbindung mit den Ereignissen rund um die verdeckten Beobachtungen ehemaliger Topmanager der Bank, die 2019 öffentlich bekannt wurden. Die Detektei Investigo war maßgeblich an der Durchführung dieser Observationen beteiligt. Zielpersonen der Überwachungsmaßnahmen waren unter anderem der frühere Credit-Suisse-Manager Iqbal Khan sowie weitere hochrangige Angestellte, die das Unternehmen verlassen hatten oder dies planten.

Der klagende Detektiv, dessen Identität aus juristischen Gründen bislang nicht veröffentlicht wurde, war als externer Auftragnehmer für Investigo tätig. Nach eigenen Angaben habe er auf Basis der Informationen und Aufträge gehandelt, die ihm im Rahmen der Organisationseinheit von Investigo übermittelt wurden, welche wiederum im Auftrag der Credit Suisse handelte. Die Klageschrift stellt nun den Vorwurf in den Raum, dass Credit Suisse als übergeordneter Auftraggeber haften müsse, insbesondere auch deshalb, weil der Kläger infolge der entstandenen öffentlichen und medialen Aufmerksamkeit unter gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schäden leide.

Die Frage der rechtlichen Verantwortung der Grossbank ist zentraler Bestandteil der Auseinandersetzung. Zwar hatte die Credit Suisse nach dem Bekanntwerden der Affäre bereits 2019 eine interne Untersuchung einleiten lassen und personelle Konsequenzen gezogen – unter anderem trat der damalige CEO Tidjane Thiam im Frühjahr 2020 zurück. Dennoch stand immer wieder die Frage im Raum, in welchem Ausmaß die Bank selbst die Aktivitäten der externen Detektive gesteuert und gebilligt hatte.

In juristischer Hinsicht dürfte die aktuelle Klage für die Bank deshalb heikel sein, weil sie über zivilrechtliche Haftungsfragen hinaus mögliche Rückschlüsse auf Organisationsversäumnisse sowie mangelnde Compliance-Kontrollen zulässt. Sollte ein Gericht zu dem Schluss kommen, dass Credit Suisse tatsächlich direkte operative Kontrolle über die Einsätze der Detektei hatte, könnte dies zu weitreichenden Konsequenzen führen, sowohl finanziell als auch reputationsbezogen.

Auch im Kontext anderer Verfahren spielt die Rolle von Investigo eine zentrale Rolle. Die britische Detektei, die auf diskrete Ermittlungsdienste spezialisiert ist, steht seit Jahren in der Kritik, ihre Dienste in Graubereichen der Legalität angeboten zu haben. Allerdings betonen Vertreter von Investigo, dass sämtliche Aktivitäten auf rechtskonformer Basis erfolgten und stets im Rahmen geltender vertraglicher Verpflichtungen durchgeführt worden seien. Der aktuelle Fall könnte nun klären, wie weit diese Aussage im konkreten Zusammenhang mit der Credit Suisse trägt.

Seit dem Zusammenbruch der Credit Suisse im März 2023 und der folgenden Notübernahme durch die UBS stehen viele Altfälle erneut unter Beobachtung. Juristische Altlasten wie die nun erhobene Klage könnten sich verschärfend auf die Aufarbeitung auswirken, da auch die UBS als Rechtsnachfolgerin potenziell betroffen sein könnte – sofern eine direkte operative Verantwortung der Credit Suisse nachgewiesen wird. Rechtlich müsste hierfür jedoch nachgewiesen werden, dass die Bank nicht nur Auftraggeberin der Überwachungen, sondern aktiv in deren Durchführung involviert war.

Der Kläger fordert nach Medienberichten nicht nur Schadenersatz für erlittene wirtschaftliche Einbußen, sondern auch eine symbolische Anerkennung für die individuellen Folgen der Aktion. Laut seiner Darstellung musste er seine Tätigkeit als Privatdetektiv aufgeben und sieht sich Reputationsschäden ausgesetzt, die seine weitere Berufsausübung unmöglich machten. Diese immateriellen Schäden seien bislang durch die involvierten Parteien – weder Investigo noch die Credit Suisse – in irgendeiner Weise anerkannt oder kompensiert worden.

Angesichts der bislang fehlenden öffentlichen Stellungnahme der Credit Suisse beziehungsweise der UBS bleibt abzuwarten, wie sich die Bankseite zur Klage äußern wird. Beobachter der Finanz- und Rechtsszene sehen in der Entwicklung jedoch ein mögliches Signal für weitere rechtliche Auseinandersetzungen, die im Nachgang der Spionage-Affäre folgen könnten. Für die betroffenen Unternehmen – allen voran die UBS als neue Eigentümerin – könnte dies bedeuten, sich vermehrt auf Altlasten vorbereiten zu müssen, die juristisch und kommunikativ anspruchsvoll sind.

Auch unter regulatorischer Perspektive könnte der Fall neue Fragen aufwerfen. Die Einbindung externer Detekteien durch Banken bewegt sich traditionell in einem heiklen Spannungsfeld zwischen legitimer Sicherheitsvorsorge und unzulässiger Überwachung. Sollten sich Vorwürfe bewahrheiten, dass solche Maßnahmen systematisch und mit Billigung der Führungsebene erfolgten, besteht die Möglichkeit, dass auch Finanzmarktaufsichten wie die FINMA neue Untersuchungsschritte erwägen.

Insgesamt wirft der Fall ein Schlaglicht auf die schwierige Grenzziehung zwischen strategischer Unternehmenssicherheit und dem rechtlich zulässigen Rahmen im Umgang mit (ehemaligen) Mitarbeitern. Die laufende juristische Auseinandersetzung dürfte klären helfen, ob und in welchem Umfang Credit Suisse hier über das Ziel hinausgeschossen ist – und ob die Bank dafür Verantwortung übernehmen muss.

Subscribe to ShadowWire

Don’t miss out on the latest issues. Sign up now to get access to the library of members-only issues.
jamie@example.com
Subscribe