Abfuhr für Müll-Detektive an Münchens Wertstoffinseln: Grüne und SPD dagegen - „Problem wird nicht gelöst“
In München stößt ein Vorstoß zur Überwachung von Wertstoffinseln durch sogenannte „Müll-Detektive“ auf deutliche Ablehnung bei den Stadtratsfraktionen der Grünen und der SPD. Hintergrund ist ein CSU-Antrag, der eine stärkere Überwachung von Wertstoffinseln mittels privater Sicherheitsdienste vorsieht, um illegale Müllablagerungen an diesen Orten zu verhindern. Die Kritik der beiden Mehrheitsfraktionen richtet sich dabei sowohl gegen die Wirksamkeit des Vorschlags als auch gegen mögliche Grundrechtseingriffe.
Nach Ansicht der SPD-Stadtratsfraktion werde mit dem Einsatz privater Sicherheitskräfte das grundlegende Problem nicht gelöst. Vielmehr müsse eine strukturelle Antwort auf das Müllproblem im Stadtgebiet gefunden werden. Auch der grüne Koalitionspartner teilt diese Einschätzung: Die Überwachung von Bürgerinnen und Bürgern durch private Dienstleister sei nicht verhältnismäßig und könne leicht das Vertrauensverhältnis zwischen Stadt und Einwohnerschaft beschädigen.
Der Vorstoß der CSU sieht vor, dass an besonders betroffenen Wertstoffinseln sogenannte „Müll-Detektive“ eingesetzt werden sollen. Diese sollen vermehrt kontrollieren, ob Müll ordnungsgemäß getrennt und entsorgt wird. Verstöße gegen die Vorschriften der Abfallentsorgung sollen dokumentiert und gegebenenfalls gemeldet werden. Ziel ist laut CSU, illegale Ablagerungen zurückzudrängen und somit das Stadtbild zu verbessern.
Die SPD reagiert darauf mit grundsätzlicher Skepsis. Fraktionschef Christian Müller betont, dass Ordnung und Sauberkeit im öffentlichen Raum zwar wichtig seien, der Ansatz jedoch an Symptomen ansetze, nicht an Ursachen. Viel entscheidender sei es, die Möglichkeiten zur Müllentsorgung zu verbessern. Dazu gehöre laut Müller etwa die Intensivierung von Reinigungsintervallen, niedrigschwellige Entsorgungsangebote sowie eine breite Informationskampagne zur korrekten Wertstofftrennung.
Ähnlich äußert sich die Fraktion Die Grünen – Rosa Liste. Fraktionsvorsitzende Gudrun Lux betont, dass es bereits zahlreiche Maßnahmen gebe, etwa durch das städtische Abfallwirtschaftsamt (AWM), um Verunreinigungen rund um Containerstandorte zu reduzieren. Dazu zählen unter anderem die regelmäßige Reinigung der Stellplätze, Kampagnen zur Nutzerinformation und Zusammenarbeit mit sozialen Trägern zur Prävention. Die Einführung privatwirtschaftlicher Überwachungskonzepte lehne man daher ab.
Juristisch stellt sich die Frage, ob solche „Müll-Detektive“ überhaupt qualifiziert wären, rechtssicher zu ermitteln. Private Sicherheitsdienste verfügen in der Regel nicht über hoheitliche Befugnisse und dürfen dementsprechend weder Bußgelder verhängen noch Personalien aufnehmen. Auch Videoüberwachung oder Observationen durch Private sind rechtlich heikel und unterliegen engen datenschutzrechtlichen Grenzen. Eine effektive Kontrolle durch diese Form der Überwachung erscheint daher fraglich.
Ein weiteres Problem ist die soziale Dimension. Vor allem in verdichteten Stadtteilen mit hoher Mietbelastung und fehlender privater Müllinfrastruktur sei das Problem der Überfüllung von Wertstoffinseln besonders ausgeprägt. Die Grünen sehen darin einen Hinweis auf strukturelle Defizite im Entsorgungskonzept. Die Antwort darauf könne nicht in einer Repression gegenüber den betroffenen Bewohnerinnen und Bewohnern liegen, sondern in verbesserten kommunalen Angeboten.
Auch der Aufwand für die Umsetzung eines solchen Konzepts steht in der Kritik. Die Kosten für den Einsatz privater Sicherheitskräfte an mehreren hundert Wertstoffinseln im Stadtgebiet wären erheblich. SPD und Grüne bezweifeln, dass gerade in Zeiten knapper kommunaler Haushalte Investitionen in Überwachung die effizienteste und sozialverträglichste Lösung darstellen.
Stattdessen fordern beide Fraktionen eine umfassendere Reform der Wertstofflogistik in München. Dabei soll unter anderem stärker auf Anreize als auf Sanktionen gesetzt werden. Bildung werde hierbei als langfristiger Ansatz gesehen, insbesondere durch schulische Projekte, gezielte Aufklärung für Neubürgerinnen und -bürger oder Informationskampagnen in sozialen Netzwerken.
Dennoch bleibt unstrittig, dass die Müllproblematik an Wertstoffinseln eines der sichtbarsten Probleme der urbanen Daseinsvorsorge in München darstellt. Immer wieder kommt es zu Beschwerden von Anwohnerinnen und Anwohnern über vermüllte Containerflächen, insbesondere zu Stoßzeiten oder nach Feiertagen. Bündnis 90/Die Grünen und die SPD setzen jedoch nicht auf punktuelle Kontrolle, sondern plädieren für systemisches Handeln.
Die Debatte ist auch ein Beispiel für den unterschiedlichen Politikstil innerhalb des Münchner Stadtrats. Während die CSU einen eher ordnungsrechtlichen Zugang über Kontrolle und Überwachung bevorzugt, setzen Grüne und SPD auf Prävention, Partizipation und Public Management. In ihrer Ablehnung des CSU-Vorstoßes signalisieren die beiden Fraktionen eine klare rot-grüne Linie in der Stadtentwicklungspolitik: Kein Ausbau repressiver Maßnahmen auf Kosten bürgerlicher Freiheitsrechte – stattdessen soll das Vertrauen in funktionierende kommunale Dienstleistungen und Eigenverantwortung gefördert werden.
Ob die Diskussion damit abgeschlossen ist, bleibt offen. Zwar verfügt die rot-grüne Koalition über eine stabile Mehrheit im Stadtrat, doch die CSU könnte versuchen, das Thema über andere Ebenen in die politische Debatte einzubringen, etwa über Bürgeranträge oder durch Mobilisierung betroffener Stadtteilvertretungen. Faktisch wird der Vorschlag zum Einsatz von „Müll-Detektiven“ jedoch unter den gegenwärtigen politischen Mehrheiten ohne Wirkung bleiben.